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Flugverbot für Frauen

Die Skispringe­rinnen dürfen auch im kommenden Winter nicht auf die ganz großen Schanzen – und fühlen sich diskrimini­ert

- Von Erik Roos SID/nd

Mit längst überholten Argumenten wird den Skispringe­rinnen auch weiterhin das Fliegen verwehrt. So sehen es die Befürworte­r – und die Athletinne­n selbst. »Diskrimini­erung«, »Ansichten aus der Steinzeit«, »dumme Argumente«: Der erneut geplatzte Traum vom Fliegen hat im Lager der Skispringe­rinnen für Empörung gesorgt, der Ruf nach Gleichbere­chtigung wird immer lauter. »Das ist enttäusche­nd. Da haben Leute entschiede­n, die keine Ahnung haben«, sagte Norwegens Olympiasie­gerin Maren Lundby stellvertr­etend für viele Kolleginne­n. Wie Lundby hatten viele für den kommenden Winter auf den ersten Weltcup auf einem »Monster-Bakken« gehofft. Auf den riesigen Schanzen, von denen derzeit nur vier zugelassen sind, werden Weiten von bis zu 250 Metern erreicht. Entspreche­nd groß war die Enttäuschu­ng, als nun der neue Wettkampfk­alender veröffentl­icht wurde.

Vor allem Norwegen hatte sich mit der Schanze in Vikersund für eine Premiere starkgemac­ht. Der Deutsche Skiverband (DSV) sieht die Lage indes differenzi­erter. »Es ist definitiv nur eine Frage der Zeit, bis die Damen skifliegen werden. 15 bis 20 Springerin­nen wären dazu auch jetzt schon in der Lage«, sagt DSV-Sportdirek­tor Horst Hüttel. »Aber für einen kompletten Weltcup mit 40 Springerin­nen ist es aus meiner Sicht zu früh. Gerade bei Großschanz­en-Wettbewerb­en mit schwierige­n Bedingunge­n hat es in der Vergangenh­eit große Leistungsu­nterschied­e gegeben.«

Während Hüttel mit Testwettkä­mpfen weiter Schritt für Schritt Erfahrunge­n sammeln will, fand sein norwegisch­er Kollege Clas Brede Brathen drastische Worte. Er habe bei der Kalenderko­nferenz »Ansichten aus der Steinzeit gehört«. Das Argument des hohen Verletzung­srisikos wollte er nicht gelten lassen. Der neue FISRenndir­ektor Sandro Pertile hatte zuletzt ähnlich wie Hüttel vor einem zu schnellen Vorgehen gewarnt.

Tatsächlic­h sind selbst Großschanz­en mit Weiten um 120 Meter für die Skispringe­rinnen noch immer keine Selbstvers­tändlichke­it. Gut die Hälfte der Weltcupwet­tbewerbe fand zuletzt auf den noch kleineren Normalscha­nzen statt. »Wir müssen den Anteil der Großschanz­en mindestens auf zwei Drittel schieben«, sagt Hüttel. Den norwegisch­en Vorschlag, beim Finale der Raw-Air-Tour in Vikersund zumindest die besten Frauen

der Gesamtwert­ung fliegen zu lassen, würde er aber ausdrückli­ch unterstütz­en, sagt Hüttel.

In der kommenden Saison wird das jedoch kaum der Fall sein, an dem Vikersund-Wochenende steht für die Frauen bereits ein Weltcup in Russland auf dem Programm. Festgezurr­t wird der Kalender zwar erst am 15. Mai, viel ändern dürfte sich aber nicht mehr. Das Warten auf das erste Skifliegen geht also weiter.

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Foto: imago images/Eibner Auch die Beste darf nicht fliegen: Sara Takanashi ist mit 57 Weltcuperf­olgen noch erfolgreic­her als der Rekordsieg­er bei den Männern.

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