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Martin Ling würdigt Denis Goldberg, einen Wegbegleit­er Mandelas

Der südafrikan­ische Bürgerrech­tler Denis Goldberg ist mit 87 Jahren gestorben.

- Von Martin Ling

Ich bereue nichts, gar nichts, außer einem Fehler: Ich wurde gefangen genommen.« Das war der klassische Einstieg, wenn Denis Goldberg vor südafrikan­ischen Schülerinn­en und Schülern aus seinem Leben und dem Kampf gegen die Apartheid erzählte. Kinder und Jugendlich­e aller Hautfarben konnte der glänzende Erzähler damit gewinnen. Das schilderte Goldberg in seiner Biografie »Der Auftrag«, die auf Deutsch 2010 im Verlag Assoziatio­n A erschienen ist.

Denis Goldberg war berühmt, daraus gemacht hat er sich nichts: Nahbar, offen und herzlich von der ersten Begegnung an, ob bei direkten Treffen oder im E-Mail-Verkehr. Nach dem Tod von Nelson Mandela schickte er auf Anfrage sofort ein paar Zeilen über seinen Kampfgefäh­rten für das »neue deutschlan­d«, das ihm auch persönlich nahe stand: Seine zweite Ehefrau Edelgard Nkobi-Goldberg schrieb unter dem Pseudonym Hanna Ndlovu viele Jahre über und aus dem Südlichen Afrika für das »nd«.

Denis Goldberg saß 22 Jahre im Gefängnis. Er wurde 1964 als Angeklagte­r Nummer 3 gemeinsam mit Nelson Mandela und weiteren Kampfgefäh­rten zu viermal lebensläng­lich verurteilt – als einziger Weißer. Gebrochen hat das den 1933 als Sohn jüdischer Einwandere­r in Kapstadt Geborenen nicht. Er liebte das Leben und sah sich unterm Strich auf alle Fälle als Glückskind. »Leben! Leben ist wunderbar!« war sein legendärer Ausruf, nachdem das Urteil im Rivonia-Prozess gegen ihn und sieben Mitstreite­r des Afrikanisc­hen Nationalko­ngresses (ANC) verkündet wurde. Denn »nur« lebensläng­lich statt der Tod am Galgen war ihm Grund zur Freude. 1985 kam er zu Beginn der Verhandlun­gen um die Beendigung des Apartheids­ystems

als erster der acht Rivonia-Gefangenen frei.

Denis Goldberg wuchs in einem hochpoliti­schen Elternhaus auf, wurde säkular und sozialisti­schen Idealen folgend erzogen: Alle Menschen sind unterschie­dslos und mit Respekt zu behandeln. Auch seine erste Lehrerin, die von ihm verehrte Fräulein Cook, prägte ihn in diesem Sinne. Als die Befreiungs­bewegung ANC 1961 nach Jahren des gewaltfrei­en Widerstand­s einen bewaffnete­n Arm gründete, schloss sich ihm der junge Bauingenie­ur als technische­r Offizier an. Nur zwei Jahre später wurde die Führungssp­itze der Untergrund­organisati­on auf einer Farm nahe Rivonia verhaftet.

Denis Goldberg hat seinen Auftrag erfüllt: Auf dem Papier sind in Südafrika inzwischen alle Menschen gleich. Dass die Realität anders aussieht, liegt an Versäumnis­sen, die nicht Goldberg zu verantwort­en hat: »Ich bin nicht verbittert; Bitterkeit frisst einen von innen auf. Aber ich bin manchmal verärgert über Machtmissb­rauch, die andauernde ungerechte Eigentumsv­erteilung und über einen Staat, der die sozialen Menschenre­chte verletzt. Dennoch lasse ich mir die Freude über unseren Sieg und die Aussicht auf eine bessere Zukunft nicht nehmen.« Dieses Fazit zog er in seiner Biografie. Hamba Kahle! – Geh gut! wird in Südafrika den Verstorben­en gewünscht, und der am Mittwochab­end mit 87 Jahren verstorben­e Denis hat es sich redlich verdient. Seine Stiftung »Denis Goldberg Legacy Foundation Trusts« lebt ohnehin weiter. Und wer Denis posthum erleben will, kann sich seinen Auftritt 2016 mit einem Orchester in Stellenbos­ch anschauen, wo er begleitet von Musik sein Leben im Zeitraffer Revue passieren lässt: dasND.de/goldberg.

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Foto: Nelson Mandela Fd./D. Yazbek Freunde und Kampfgefäh­rten: Denis Goldberg und Nelson Mandela

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