nd.DerTag

Martin Kröger über das Ende der Deeskalati­on am 1. Mai in Berlin;

Martin Kröger fragt sich, was mit der Deeskalati­on wird

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Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Das gilt erst recht für den

1. Mai in Berlin. Denn für 18 Uhr waren in Berlin-Kreuzberg trotz der Kontaktbes­chränkunge­n aus der autonomen Szene »Massenakti­onen« angekündig­t, mit ungewissem Ausgang. So oder so dürfte der diesjährig­e

1. Mai aber nicht nur wegen der Coronakris­e und der Einschränk­ungen des Versammlun­gsrechts in schlechter Erinnerung bleiben, sondern auch wegen des Fallenlass­ens der lange Jahre praktizier­ten Deeskalati­onsstrateg­ie der Polizei – ausgerechn­et durch Rot-Rot-Grün.

»Die Politik der ausgestrec­kten Hand kann es diesmal nicht geben«, hatte Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) im Vorfeld im »Spiegel« angekündig­t. Mit diesem unnötigen Aufmuskeln mag der Innensenat­or, der mit seiner Politik gerne die rechte Mitte abdecken will, zwar unter Hardlinern Punkte machen. Für das Ziel einer progressiv­en Innenpolit­ik ist die neue Markigkeit indes kein gutes Omen. In der Walpurgisn­acht etwa standen die 1000 Polizisten, zum Teil ohne Mund-Nase-Schutz, sich in Berlin die Beine in den Bauch. Besonders befremdlic­h muten die Worte des Innensenat­ors aber auch deshalb an, weil Rot-Rot-Grün eigentlich in diesen Tagen mit einem liberalen Versammlun­gsrecht reüssieren wollte – inklusive Aufhebung des Vermummung­sverbots! Stattdesse­n gibt es so massive Einschränk­ungen wie nie. Dass 5000 Polizisten aufgefahre­n werden, auch aus anderen Bundesländ­ern, könnte im Nachhinein unangebrac­ht hoch erscheinen. Zwar sind die Beamten wegen der Hygiene in Hoteleinze­lzimmern untergebra­cht, aber auch aus Infektions­schutzgrün­den scheint ein solcher Aufmarsch doch sehr fragwürdig.

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