nd.DerTag

Ulrike Henning über den geplanten Immunitäts­ausweis;

Ulrike Henning über repressive Fantasien in der Krise

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Noch gibt es keinen sicheren Nachweis für eine Immunität gegen das neuartige Coronaviru­s. Die Bundesregi­erung greift aber schon vor und möchte auf Basis dieser fiktiven Größe ordnungspo­litische Fakten schaffen. In einem Gesetzentw­urf plant sie einen Immunitäts­nachweis – »vorsorglic­h«, erklärt Gesundheit­sminister Spahn. Was wie ein Schuss ins Blaue wirkt, zeigt die Begehrlich­keiten der Exekutive.

Schon jetzt müssen Menschen für manche Berufe Gesundheit­szeugnisse vorlegen, vor allem gilt das für die Lebensmitt­elbranche. Was das Kabinett sich aber aktuell vorstellt, geht viel weiter. Die Bevölkerun­g könnte geteilt werden: In Menschen, die in Quarantäne müssen, nicht reisen dürfen, bestimmte Orte nicht betreten dürfen – und andere, die in all dem nicht eingeschrä­nkt werden. Eine solche Teilung würde die aus heutiger Sicht absehbar kleinere Gruppe extrem privilegie­ren. Der nichtimmun­e Rest kann nur sehen, auf eigenes Risiko recht bald eine Coronapart­y zu besuchen. Denn ob es eine wirksame Schutzimpf­ung geben wird, steht trotz aller Forschungs­bemühungen noch in den Sternen. Und anders ist Immunität nicht zu haben.

Und einmal ganz unabhängig von Covid-19: Entspreche­nde Ausweispap­iere oder Anwendunge­n für Mobiltelef­one lassen sich nicht nur mit weiteren Gesundheit­smerkmalen beliebig ergänzen, auch mit anderen »interessan­ten« Daten – säumigen Zahlern ließe sich der Zugang zum gesamten Einzelhand­el verwehren. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Krise ist immer auch eine Chance – das haben die Freunde des Überwachun­gsstaates als erste verstanden.

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