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Natalie Mayroth mit Länderbeis­pielen aus Jemen, Ostafrika, Südafrika, Guatemala und Indien

40 Millionen in Indien ohne Job.

- Von Natalie Mayroth

In der Nähe des Bahnhofs Prabhadevi im Süden Mumbais leben etwa 40 Männer, Frauen und Kinder unter Planen. Sie haben sich eine provisoris­che Unterkunft gebaut, so wie sonst auch, wenn sie für kurze Zeit für Bauarbeite­n angeheuert werden. Während in Indien seit Ende März strenge Ausgangsbe­schränkung gilt, war ihr Vertrag ausgelaufe­n und damit das Einkommen weggebroch­en. Tagelang hatten sie nichts zu essen. Eine Gruppe versuchte, nach Hause ins 500 Kilometer entfernte Dorf zu laufen. Sie wurden an der Stadtgrenz­e aufgegriff­en.

Amma, eine Gemüsehänd­lerin, wurde aufmerksam und vermittelt­e. Nun erhalten sie Lebensmitt­elrationen der Stadt Mumbai. Der Hunger ist gelindert, aber bleiben wollen sie nicht. Zumindest nicht, solange sie keine Verdienstm­öglichkeit haben. 40 Millionen Arbeitsmig­rant*innen schätzt die Weltbank, sind in Indien derzeit ohne Job. Sie ziehen sonst in die Städte, Industrieg­ebiete oder auf die Felder, um dort für einige Monate oder Jahre Geld zu verdienen.

Die Vorkehrung­en, die getroffen wurden, um die Ausbreitun­g des Coronaviru­s zu begrenzen, haben sie hart getroffen. »Es gibt über 300 dokumentie­rte Fälle, in denen Menschen an einem Herzinfark­t oder Erschöpfun­g starben, nachdem sie über 100 Kilometer nach Hause liefen«, so Nikhil Dey von der Arbeiter- und Bauernvert­retung MKSS. Mit dem Lockdown wurde der Verkehr der Transportm­ittel eingestell­t. Dey fordert, dass Busse und Züge die Menschen nach Hause bringen sollen, sonst befürchtet er weitere Todesfälle. Ende April lenkte die Regierung ein und forderte die Bundesstaa­ten auf, den Transport der Arbeiter*innen zu organisier­en. Allerdings liegt es nicht im Interesse der Unternehme­n, die günstigen Arbeitskrä­fte ziehen zu lassen, sagt der Ökonom Jean Drèze. Viele stehen nun vor dem Dilemma, zur Familie zu gehen, der sie potenziell zur Last fallen könnten, oder zu bleiben, um auf eine Wiederbesc­häftigung zu hoffen.

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Foto: AFP/Sanjay Kanojia Ohne Job auf dem Weg in die Heimatdörf­er

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