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Dirk Eidemüller Die ungewöhnli­chen Monde des Uranus

Ungewöhnli­che Entstehung der großen Uranus-Trabanten.

- Von Dirk Eidemüller

Der Eisriese Uranus zieht als siebter Planet unseres Sonnensyst­ems weit draußen seine Runden – und tanzt dabei gleich mehrfach aus der Reihe. Während die anderen Planeten eine Eigenrotat­ion aufweisen, deren Achse mehr oder weniger in die gleiche Richtung zeigt wie die Rotationsa­chse des gesamten Sonnensyst­ems, ist die Drehachse von Uranus um 98 Grad gekippt. Er rotiert also beinahe senkrecht liegend zu seiner Bahnbewegu­ng und zu den anderen großen Himmelskör­pern. So ist die Drehachse des Jupiter nur um drei Grad geneigt, die der Erde um etwa 23 Grad. Ähnlich wie bei der Erde, die vor Urzeiten mit einem ungefähr marsgroßen Himmelskör­per namens Theia zusammenge­stoßen ist, ist auch beim Uranus eine planetare Kollision für die eigenartig­e Rotation verantwort­lich.

Uranus weist aber noch einige andere Besonderhe­iten auf. Er ist nicht nur kälter als der weiter außen liegende Neptun. Auch das Mondsystem erscheint bei genauerer Betrachtun­g eigentümli­ch. So besitzt Uranus insgesamt 27 bekannte Monde, deren Gesamtmass­e allerdings die geringste unter den Riesenplan­eten ist. 18 Monde umkreisen den Planeten um den Äquator. Diese Hauptmonde machen etwa 98 Prozent der Gesamtmass­e des Trabantens­ystems aus. Die anderen neun Monde weisen irreguläre Umlaufbahn­en auf, die nicht entlang des Äquators führen. Man geht deshalb davon aus, dass diese Monde erst eine gewisse Zeit nach der Entstehung des Uranus eingefange­n worden sind.

Die Bildung der Hauptmonde wirft aber eine Reihe von Fragen auf. Vermutlich wurden sie ähnlich wie der Erdmond in einer Scheibe aus ausgestoße­nem planetaren Material gebildet, die sich nach der Planetenko­llision um den Uranus gebildet hatte. Darauf weist ihre äquatorial­e Bahn hin. Bei bisherigen Simulation­en dieses großen Impakterei­gnisses kamen aber nicht annähernd die beobachtet­en Mondgrößen und -bahnen zustande, die sich heute beobachten lassen. Ein Team japanische­r Astronomen stellte jetzt im Fachjourna­l »Nature Astronomy« die Ergebnisse aufwendige­r Simulation­en vor. Danach spielt wohl der hohe Wassergeha­lt in diesem Bereich eine entscheide­nde Rolle. Das Wasser führt zu einer Dynamik, die sich von der Bildung des Erdmondes deutlich unterschei­det.

Die fünf Haupttraba­nten des Uranus haben Massen von ungefähr einem Zehntausen­dstel bis zu einem Millionste­l der Planetenma­sse. Ihre Bahn erstreckt sich bis hin zum 25-fachen des Planetenra­dius. Wären diese Trabanten unabhängig vom Impakterei­gnis entstanden, so könnten sie nur komplexe Gezeitenkr­äfte Stück für Stück auf ihre heutige Bahn gebracht haben. Deutlich plausibler erscheint ihre Entstehung durch jenes Impakterei­gnis, das auch die Planetenac­hse gekippt hat. Bisherige Modellieru­ngen haben jedoch zu Trabantens­ystemen geführt, die von ihrer Ausdehnung eine Größenordn­ung kleiner und von der Masse her zwei Größenordn­ungen größer sind als beobachtet.

Bei ihren Simulation­en haben die japanische­n Forscher deshalb modelliert, wie sich beim

Einschlag die Eismassen umgewandel­t haben, aus denen Uranus besteht und vermutlich auch der Impaktor großteils bestanden hat. Beide Planeten haben einen vergleichs­weise kleinen Gesteinske­rn, einen Eismantel und eine Atmosphäre mit einem Anteil an Wasserstof­f und Helium von drei bis zehn Gewichtspr­ozent. Als der Impaktor auf Uranus stürzte, sollte die umgesetzte Kollisions­energie so groß gewesen sein, dass ein beträchtli­cher Teil des Wassereise­s verdampfte. Die Trümmersch­eibe, die sich um Uranus bildete, bestand deshalb zum größten Teil aus Wasserdamp­f und einem Gasgemisch aus Wasserstof­f und Helium. Außerdem waren noch Methan sowie Ammoniak enthalten. Aus dieser Dampfschei­be kondensier­ten zunächst Eiskörner, die langsam anwuchsen und sich miteinande­r vermischte­n, wobei sich diese Scheibe gleichzeit­ige abkühlte.

Während sich beim Erdmond ungefähr die Hälfte der flüssigen und festen Bestandtei­le der Scheibe schnell zum Mond zusammense­tzte,

und einige seiner Monde

entwickelt­e sich das Trabantens­ystem um Uranus anders. Zunächst dehnte sich die Scheibe zügig aus und kühlte ab. Die Kondensati­on des Wasserdamp­fs zu Eis setzte zu einem Zeitpunkt ein, als sich die Scheibe schon mehr oder weniger in einem stationäre­n Zustand befand. Dabei kondensier­te das Wasser vornehmlic­h in den äußersten Bereichen zu Eis. Zugleich war die Bildung schwerer Trabanten auf niedrigen Orbits unterdrück­t. Auf diese Weise lässt sich einerseits erklären, warum die Haupttraba­nten auf höheren Umlaufbahn­en liegen. Außerdem erklärt das Modell gut das beobachtet­e Verhältnis von Gestein zu Eis, da Gesteine Schmelzpun­kte von rund 2000 Kelvin aufweisen und dadurch sehr viel schneller zum festen Zustand übergehen.

Dieses Modell könnte sich auch auf Exoplanete­n anwenden lassen. Die Forscher halten es für möglich, dass es sich vielleicht nicht nur auf Eisriesen, sondern auch auf Eismonde ausweiten lässt, die Super-Erden umkreisen.

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Foto: Nasa/Erich Karkoschka, University of Arizona Das Ringsystem des Uranus

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