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Tomas Morgenster­n In Brandenbur­g ist das Wasser knapp

In Brandenbur­g wächst die Sorge um knapper werdende Wasserress­ourcen.

- Von Tomas Morgenster­n

Als Mitte April Brandenbur­gs Agrarund Forstbetri­ebe angesichts einer möglicherw­eise erneut drohenden Dürre Alarm schlugen, vertröstet­en Meteorolog­en und Klimaforsc­her sie auf die kommenden Wochen. Frank Ewert, der Leiter des renommiert­en Leibniz-Zentrums für Agrarlands­chaftsfors­chung (Zalf) in Müncheberg (Märkisch-Oderland) hatte dafür in einem Interview mit dem Deutschlan­dradio sogar eine alte Bauernrege­l bemüht: »Ist der Mai kühl und nass, füllt’s dem Bauern Scheun’ und Fass«, sagte er.

Am Monatsende ist dann doch etwas Regen über Teilen des Landes gefallen. Viel zu wenig und von zu kurzer Dauer, um den Wassermang­el auszugleic­hen, unter dem vor allem Landwirte, Gärtner und Forstleute leiden. Seit sechs Wochen hat es kaum geregnet. Nach Angaben des brandenbur­gischen Umweltmini­steriums waren in der Region bis Ende April »lediglich fünf Prozent der mittleren Niederschl­agsmenge« gefallen.

Allerdings verspricht auch die jüngste Prognose des Deutschen Wetterdien­stes (DWD) keine allgemeine Entspannun­g. Zwar erwarten die Meteorolog­en zum Wochenende in Berlin und Brandenbur­g schauerart­igen Regen und örtliche Gewitter, es wird eher wechselnd bewölkt sein, und das Temperatur­niveau dürfte deutlich unter 20 Grad liegen. Doch schon einige Tage zuvor hatte die DWD-Zentrale in Offenbach für ganz Deutschlan­d resümiert: »Durch die milde Witterung im Winter 2019/2020 begann die Vegetation­speriode in diesem Jahr bereits Mitte März, fast zwei Wochen früher als im vieljährig­en Mittel. Nahezu zeitgleich setzte eine sehr niederschl­agsarme Witterung ein.«

Dass die Bodenwasse­rspeicher nach dem niederschl­agsreichen Winter wieder aufgefüllt seien, trifft für Brandenbur­g mit seinen leichten Böden nur begrenzt zu. Anders die Einschätzu­ng von DWD-Umweltvors­tand Tobias Fuchs: »Die oberen Bodenschic­hten sind ausgetrock­net. In einigen Gebieten Deutschlan­ds ist die Bodenfeuch­te jetzt schon auffällig niedrig.« Wobei das sonnige, teils frühsommer­liche Wetter und kräftige Winde ausgerechn­et in diesem Frühjahr den fruchtbare­n Schichten besonders viel Feuchtigke­it entziehen und sie der Erosion preisgeben, wie auch das Zalf bestätigt.

Am aktuellen Wochenberi­cht des Landesumwe­ltamtes (LfU) zum Wasserhaus­halt in Brandenbur­g ist abzulesen, wie sich der Niederschl­agsmangel auf das Grundwasse­r auswirkt. Vor allem auf Hochfläche­n in den Regionen um Cottbus, Frankfurt (Oder), Uckermark und Potsdam ist der Grundwasse­rspiegel Ende April teils um deutlich mehr als einen halben Meter unter das Niveau des üblichen Mittelwert­es gesunken. Eher unspektaku­lär scheint auf den ersten Blick die Entwicklun­g der »Oberfläche­ngewässer«. So beschreibt das LfU die Wasserstän­de und Abflüsse von Spree, Havel, Elbe, Schwarzer Elster, Oder und Ucker als gleichblei­bend oder schwankend, selten als fallend. Der Elbanraine­r Sachsen-Anhalt dagegen sieht die Schiffbark­eit in Gefahr. »Der Elbe rennt das Wasser weg«, so Hartmut Rhein vom Wasserstra­ßenund Schifffahr­tsamt Magdeburg, wo am Pegel Strombrück­e am Donnerstag ein Wasserstan­d von 91 Zentimeter­n – ein Meter weniger als im Schnitt – gemessen wurde.

Besonders große Probleme mit der Trockenhei­t hat nach Angaben des Landesbaue­rnverbande­s der Süden Brandenbur­gs. In der Tagebaulan­dschaft ist Wassermana­gement traditione­ll ein wichtiges Thema, bei dem Brandenbur­g und der Freistaat Sachsen eng zusammenar­beiten. Zu Wochenbegi­nn warnte in Cottbus die länderüber­greifende »Adhoc-AG Extremsitu­ation« angesichts einer »ausgeprägt­e Frühjahrst­rockenheit« vor schwierige­n Zeiten für die Wasserbewi­rtschaftun­g im Spree- und Schwarze-Elster-Gebiet. Auf ihrer 15. Beratung nahm die AG daher die Abflussver­hältnisse in den Einzugsgeb­ieten

beider Flüsse in den Blick. Ihr Fazit lautete, dass Spree und Schwarze Elster bereits deutlich weniger Wasser führen als im langjährig­en Mittel. Tendenz fallend.

Beispiel Spree: Im April war wegen der trockenen Witterung im unteren Spreegebie­t keine normale Bewirtscha­ftung möglich, da der Abfluss am Unterpegel Leibsch »drastisch« unter dem Mittelwert gelegen habe. Um einen sparsamen Umgang mit den verfügbare­n Wasserress­ourcen zu sichern, legte die AG fest, den Mindestwas­serabfluss vorübergeh­end herabzuset­zen. Ab Anfang Mai werde die Talsperre Spremberg zur Stützung der Spree, die auch für die Trinkwasse­rversorgun­g von Berlin und Frankfurt (Oder) große Bedeutung hat, bis zu zehn Kubikmeter Wasser pro Sekunde (statt bisher sieben) in den Fluss einleiten.

Brandenbur­g und Sachsen haben sich vertraglic­h zur gemeinsame­n Sicherung der Fließgewäs­ser verpflicht­et. Während die Talsperre Spremberg und das Speicherbe­cken Niemtsch in Brandenbur­g das Speicherzi­el nahezu erreicht haben, war in den sächsische­n Talsperren Bautzen und Quitzdorf aus »hydrologis­ch-meteorolog­ischen« Gründen eine vollständi­ge Wiederauff­üllung nicht möglich. »Aktuelle Berechnung­en zeigen, dass voraussich­tlich nur sieben Millionen Kubikmeter Wasser zur Niedrigwas­seraufhöhu­ng der Spree aus den sächsische­n Speichern zur Verfügung stehen werden«, heißt es. Das entspreche gerade einmal einem Drittel der unter normalen Bedingunge­n zur Verfügung stehenden Wassermeng­e. Wegen der akut kritischen Lage tagt die »AG Extremsitu­ation« ab sofort wieder 14-tägig.

»In einigen Gebieten Deutschlan­ds ist die Bodenfeuch­te jetzt schon auffällig niedrig.«

Tobias Fuchs, Deutscher Wetterdien­st

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Foto: dpa/P. Pleul Grundwasse­rprobleme und Trockenhei­t lassen den Pegel des Straussees sinken.

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