nd.DerTag

Afghanista­n-Papiere wieder online

Funke-Mediengrup­pe gewinnt langjährig­en Prozess.

- Von Daniel Lücking

Nach einem siebenjähr­igen Rechtsstre­it zwischen der Bundeswehr und der Funke-Mediengrup­pe hat der Bundesgeri­chtshof in seinem Urteil vom Donnerstag die Pressefrei­heit gestärkt. Die Bundeswehr hatte im August 2015 unter Androhung einer Zwangsvoll­streckung die Funke-Mediengrup­pe dazu gezwungen, die militärisc­hen Lageberich­te zu löschen, die als »Unterricht­ung des Parlaments UdP« ausschließ­lich dem Verteidigu­ngsausschu­ss zugänglich sein sollten.

2012 waren diese UdP unter dem Namen »Afghanista­n-Papiere« bei der »Westdeutsc­hen Allgemeine­n Zeitung« (WAZ) erschienen. Der damals dort verantwort­liche Leiter des Rechercher­essorts David Schraven wurde unmittelba­r nach der Veröffentl­ichung von Thomas de Maizière (CDU) unter Druck gesetzt. »Wir sollten die Papiere löschen. Der Minister wünsche das so«, beschreibt Schraven den Telefonanr­uf aus dem Büro des damaligen Verteidigu­ngsministe­rs. »Ich habe Nein gesagt. Wir löschen nichts, und schon gar nicht freiwillig.«

Die Afghanista­n-Papiere enthalten zwar keine sicherheit­srelevante­n Informatio­nen, zeigen aber, dass die Bundesregi­erung viel zu lange von einem Friedensei­nsatz in Afghanista­n sprach und das Bild von Soldat*innen verbreitet­e, die in erster Linie Brunnen bohrten und Schulen bauten. Das stand im Widerspruc­h zu den Berichten über die stetig schlechter werdende Sicherheit­slage.

»Diese Unterricht­ungen sind sehr dünn und in aller Regel nichtssage­nd«, sagt Christine Buchholz, die für die Linksfrakt­ion seit 2009 im Verteidigu­ngsausschu­ss sitzt. »Offenbar stuft das Verteidigu­ngsministe­rium sie nur deshalb als »Verschluss­sache« ein, damit die Öffentlich­keit nicht merkt, wie wenig Informatio­nen es den Parlamenta­riern zur Verfügung stellt, auf deren Grundlage die Auslandsei­nsätze im Bundestag beschlosse­n werden.« Schraven kommentier­te das Urteil gegenüber dem »nd«: »Wunderbar, dass ein Minister nicht entscheide­n kann, was in Deutschlan­d veröffentl­icht wird, und dass wir alle ein Recht auf Informatio­n aus erster Hand haben!«

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