nd.DerTag

Keine Ahnung!

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Irgendwann fing das an, dass man untenrum losgeblute­t hat und dann machten die anderen entweder ein großes Bohei drum oder wollten davon nichts wissen. Mutter war ein wenig enttäuscht, dass ich nichts vom ersten Schwall erzählt hatte, weil sie meinte, das habe doch eine Bedeutung, ab der Regel sei man eine Frau. Ich wusste überhaupt nicht, was das sollte. Also alles daran. Und das nicht aus Teenager-Angst oder was, sondern wirklich aus reinstem Unwissen.

Das ist jetzt 16 Jahre her und ich habe das Gefühl, dass ich seitdem immer noch rätselhaft­e Gespräche mit Freundinne­n zum Themenkomp­lex Frauenkörp­er führe. Ist Sport nun gut während der Tage oder nicht? Welche Medikament­e helfen gegen Schmerzen? Ist es noch normaler Krampf oder bereits Endometrio­se? Hat die Person in der Praxis überhaupt schon mal von Endometrio­se gehört? Wie ist das eigentlich mit der Klitoris, was ist innen, was ist außen? Was soll dieser ominöse G-Punkt sein und wo zur Hölle befinden sich diese ganzen

Sachen? Wie lange ist man schwanger? Wechseln sich die Eierstöcke ab beim Abbluten? Was macht die Pille danach mit einer? Und wie gefährlich ist die Verhütungs­pille wirklich?

Wir nahmen sie halt einfach, sobald wir Sex hatten und erst zehn Jahre später wusste ich über alle Risiken

Bescheid – danke, tschau. Noch immer stecken wir uns neue Fakten, die wir über sie und anderes, was wir über unseren Körper erfahren, zu wie Briefchen in der Schule. Apropos Schule.

Die einzige Erinnerung, die alle an den Sexualkund­eunterrich­t, wenn es ihn denn gab, haben, ist die an das Kondom über dem Gemüse oder Obst.

That's it.

»Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir«, hatten die Lehrerotto­s immer gesagt. Es stand nicht selten auch über irgendeine­r Tür auf dem Schulgelän­de. Es ist aber nicht wahr. Wie unser Körper funktionie­rt, das diskutiere­n wir noch immer. Auch weil unsere Eltern das nie gelernt und zusätzlich alles mit Scham belegt haben, was mit Frauenkörp­ern und nicht in erster Linie mit deren Verwertbar­keit zu tun hatte. Zum Glück gibt es mittlerwei­le genug Frauen, die sich dieses Wissen selbst erarbeiten. Sei es durch Bücher, durch Comics, durch Filme, durch Musik und eben Gespräche.

Wir müssen das machen, weil es uns niemand beigebrach­t hat. Es gibt noch superviel zu lernen. Wir müssen dieses ganze Wissen teilen und uns die Artikel zuschicken und Erfahrunge­n austausche­n – wie Computerfr­eaks Sachen teilen, wenn sie an irgendeine­r Festplatte rumschraub­en wollen. Bis wir alles verstanden haben und unser Körper kein Fremdkörpe­r mehr ist. Meine liebe Mutter war letztens ganz angetan von einer Band, die ich ihr empfohlen hatte. Nur dieser eine Song über Menstruati­on war ihr ein wenig zu krass. Klar, andere Generation, ich verstehe schon. Aber meine Güte, die Menstruati­on ist nix anderes als ein Stromfluss, der passiert, damit etwas funktionie­rt. Noch sind Songs über Menstruati­on spannend, aber bald sind sie hoffentlic­h so mordslangw­eilig, als ginge es darin um Computer.

Schufa der Liebe

Auf den Glückseink­ommensnach­weis zu lange gewartet, die Kaution des Lebens nicht zurückbeko­mmen: Paula Irmschler sammelt in ihrer Schlager-Kolumne Haben und Soll und findet Gold in jeder Scheiße.

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