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Beschuss mit Salzkrista­llen aus dem Meer

Aufgehellt­e Wolken sollen das gefährdete Great Barrier Reef retten.

- Von Barbara Barkhausen

Der Klimawande­l heizt auch die Ozeane. Zu warmes Wasser gefährdet weltweit die Korallen. Das berühmte Great Barrier Reef im Nordosten von Australien bleicht derzeit beispielsw­eise zum dritten Mal in nur fünf Jahren. Die Nesseltier­e leben normalerwe­ise in Symbiose mit einer Algenart, die sie mit Energie versorgt und ihnen die bunten Farben verleiht. Bei zu hohen Temperatur­en sterben die Algen ab – und damit nicht selten auch die Korallen. Forscher arbeiten deswegen fieberhaft an Lösungen, die das größte Riff der Erde retten könnten, das die Heimat von 1500 Fischspezi­es und 400 Korallenar­ten ist. Eine auf den ersten Blick ungewöhnli­ch anmutende Idee gibt australisc­hen Forschern nun Hoffnung.

So testeten Wissenscha­ftler der Southern Cross University in Australien Prototypen eines »Wolkenaufh­ellungsger­ätes«. Das Experiment verwendet laut einem Bericht der englischen Tageszeitu­ng »Guardian« eine modifizier­te Turbine – vergleichb­ar mit einer Schneekano­ne. Diese sprüht mithilfe von 100 Hochdruckd­üsen Billionen von Salzkrista­llen in die Luft. Diese winzigen, aus Meersalz gewonnenen Kristalle vermischen sich mit Wolken in geringer Höhe, hellen sie auf und reflektier­en das Sonnenlich­t weg von der Meeresober­fläche in den Weltraum.

Daniel Harrison, der das Projekt an der Southern-Cross-Universitä­t leitet, sagte, dass die Technologi­e, die im März mit Genehmigun­g der Great Barrier Reef Marine Park Authority eingesetzt wurde, vielverspr­echend sei. Sie sei kostengüns­tig, könne in großem Maßstab eingesetzt werden und setze einen Prozess in Gang, der auch natürlich vorkomme. »Die Natur erledigt den größten Teil der Arbeit«, sagte er dem »Guardian«.

Das Projekt ist eines von 43 Konzepten, die derzeit im Rahmen eines von der australisc­hen Regierung unterstütz­ten Forschungs­programmes finanziert werden. Die Zeit drängt, da das Great Barrier Reef die dritte Bleiche in nur fünf Jahren erlebt. Nachdem es bereits 2016 und 2017 unter zwei schweren Bleichen in Folge litt, fürchten Forscher nun um die verbleiben­den Nesseltier­e, die bisher überlebt haben.

Dass ihre Befürchtun­gen nicht unbegründe­t sind, zeigen erste Untersuchu­ngen: Demnach scheint die aktuelle Bleiche noch einmal intensiver und weitläufig­er als frühere Ereignisse. Australisc­he Forscher, die das Ausmaß Ende März dokumentie­rten, sprachen in einem Artikel des Wissenscha­ftsmediums »The Conversati­on« sogar von einer »absoluten Tragödie«.

Für ihre Studie untersucht­en die Forscher in den letzten zwei Märzwochen 1036 Riffe aus der Luft, um das Ausmaß und den Schweregra­d der Korallenbl­eiche zu messen. Das Ergebnis: »Zum ersten Mal hat eine starke Bleiche alle drei Regionen des Great Barrier Reef getroffen – den nördlichen, zentralen und einen großen Teil des südlichen Sektors«, sagte Terry Hughes, ein Korallenex­perte der australisc­hen James-CookUniver­sität. Der südliche Teil war bei den vergangene­n zwei Bleichen verschont geblieben.

Korallen bleichen, wenn die Meerestemp­eraturen in ungewöhnli­ch heißen Sommern zu sehr ansteigen. In diesem Jahr registrier­te man im Februar die höchsten monatliche­n Meeresober­flächentem­peraturen, die jemals seit Beginn der Aufzeichnu­ngen der australisc­hen Wetterbehö­rde im Jahr 1900 am Great Barrier Reef gemessen wurden.

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