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Aerosole können auch nützlich sein

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Aerosole sind jetzt in aller Munde, weil sie das Coronaviru­s übertragen. Ist das richtig?

Na ja, richtig und falsch. Neben der Schmierinf­ektion und der Infektion über Körperflüs­sigkeiten gibt es die Tröpfcheni­nfektion – bei letzterer handelt es sich, wenn man so will, um Aerosole. Nämlich um feine Tröpfchen, zum Beispiel von Speichel, in denen das eine oder andere Virus oder auch Bakterium mitfliegen kann. Vielen Leuten wird das Wort Aerosol schon vor langer Zeit begegnet sein: in der Debatte über das Ozonloch, dessen Ursache ja die Spraydose war. Auf der stand oftmals drauf, dass das ein Aerosolspr­ay wäre. Auch da entstehen feine Tröpfchen an der Sprühdüse, und die tragen einen Duftstoff oder vielleicht auch ein Desinfizie­ns.

Aerosol klingt lateinisch.

Ja, aero kommt von der Luft und sol kommt von solutio, von der Lösung. Man könnte also sagen, es handelt sich um etwas, was in der Luft gelöst ist. Feine Teilchen, die in der Luft schweben, weshalb man auch Schwebstof­fe dazu sagen kann.

Und die sinken dann auf den Boden?

Früher oder später fallen sie schon runter. Aber früher und später kann ziemlich weit auseinande­r liegen. Auch der Wüstenstau­b ist ein

Aerosol, was man mit Satelliten­messungen sehr schön sehen kann: Wenn der durch den Wind verblasen wird, kann er ziemlich weit fliegen, von der Sahara bis nach Amazonien.

Und von Person zu Person?

Das muss das Tröpfchen erst mal schaffen, ohne auf dem Weg zu verdunsten.

Es kommt also darauf an, wie weit weg die Personen sind.

Also wenn du jetzt Tröpfchen ausatmest und du radelst gerade durch die Gegend, dann hast du natürlich noch den Fahrtwind, der sie vorne rum- und wegbläst. Das heißt: Du hinterläss­t hinter dir wahrschein­lich einige Tröpfchen. Und wenn du einen heftigen Nieser hast, das hat auch jemand mal gemessen, dann fliegt so ein Tröpfchen sogar acht Meter weit. Aber wie viele davon dann noch infektiöse Viren enthalten, das weiß der Geier. Das ist ja das Blöde an diesem Coronaviru­s, dass wir viel zu wenig darüber wissen.

Tabakrauch und Feinstaub sind auch Aerosole?

Klar, Aerosole können, auch ohne Viren zu transporti­eren, Krankheits­auslöser sein.

Auch vom Menschen verursacht.

Ja, aber auch in der Natur gibt es einen Haufen tröpfchenf­örmiger Aerosole. Wenn der Sturm übers Meer pfeift, dann reißt der da feine Wasser-Salz-Partikel in die Luft, die dann auch weiter hochgewirb­elt werden können, bis in die Wolken. Alle Wolken brauchen Aerosole, denn das Wasser muss kondensier­en. Aerosole können also auch nützlich sein.

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Aus: Berliner Zeitung, Tagesspieg­el, Süddeutsch­e Zeitung, Die Welt, FAZ; Foto: imago images/Stefan Zeitz
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Foto: nd/Ulli Winkler Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenscha­ftsredakte­ur des »nd« und der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere. Christof Meueler fragte nach dem Zusammenha­ng von Aerosolen und Gesundheit.

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