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Mit Angst auf den Platz

Kölner Fußballpro­fis werden positiv auf das Coronaviru­s getestet. Die Mitspieler sollen jetzt trotzdem trainieren, doch einer übt Kritik daran.

- Von Andreas Morbach, Köln

Quarantäne statt Training. Zwei Kölner Fußballer und ein Physiother­apeut werden positiv auf das Coronaviru­s getestet. Der Rest des Teams soll trotzdem aufs Feld. Das passt nicht allen Spielern.

Die Fußballer Birger Verstraete und Sebastiaan Bornauw haben einiges gemeinsam. Beide sind in Belgien geboren, beide wechselten im vergangene­n Sommer aus ihrem Heimatland zum 1. FC Köln – und beide Herren eint ihr Hang, sich öffentlich mitzuteile­n. So berichtete Innenverte­idiger Bornauw der Tageszeitu­ng »Het Laatste Nieuws« Ende letzter Woche brandaktue­ll, wie das mit den ersten Corona-Tests am Geißbockhe­im gelaufen sei: Mit überdimens­ionierten Ohrstäbche­n, die zur Probeentna­hme jeweils einmal tief in Hals und Nase gesteckt wurden. »Das war«, befand der 21-Jährige, »kein angenehmes Gefühl.«

Noch unangenehm­er wurde es im Kölner Grüngürtel, als am Freitag bekannt wurde, dass bei den ersten Corona-Abstrichen zwei Profis und ein Physiother­apeut positiv getestet worden waren. Das Kölner Gesundheit­samt entschied – auf Grundlage einer Empfehlung des Robert-Koch-Instituts zum Umgang mit Kontaktper­sonen –, dass die drei positiv getesteten Personen in eine 14-tägige häusliche Quarantäne müssen. Allerdings nur sie. Ein Beschluss, der nun Birger Verstraete auf den Plan rief und ihn zu einem Interview mit dem flämischen TV-Sender »VTM« veranlasst­e, über das »Het Laatste Nieuws« berichtete.

»Der Physiother­apeut ist der Mann, der mich und andere Spieler wochenlang behandelt hat. Und mit einem der beiden Spieler habe ich am Donnerstag im Fitnessstu­dio ein Duo gebildet«, erzählte der Mittelfeld­spieler. Es sei also »nicht ganz richtig«, dass sonst niemand aus der Kölner Mannschaft mit den drei Infizierte­n in Kontakt gekommen sei: »Die Jungs sind mir sehr nahe gekommen«, so Verstraete.

Ehe der Belgier von seinem Arbeitgebe­r zurückgepf­iffen und mit einem deutlich abgemilder­ten Statement zitiert wurde, hatte er zudem Zweifel an der Entscheidu­ng der örtlichen Gesundheit­sbehörden und an der Vorgehensw­eise seines Klubs geäußert. »Wir sollten vorerst nicht unter Quarantäne gestellt werden. Das ist ein bisschen bizarr. Der Plan war von vornherein, dass wir weitertrai­nieren – egal, ob es positive Tests gibt«, sagte er.

Der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach warnte zuvor via Twitter: »Wer mit Covid-19 trainiert, riskiert Schäden an Lunge, Herz und Nieren. Ich wundere mich, dass Spieler das mit sich machen lassen.« Ein Gedanke, den auch Verstraete bei seinem Fernsehint­erview ganz offensicht­lich bewegte. »Wenn jeder Spieler anonym entscheide­n dürfte – ohne dass der Verein ihnen die Schuld geben kann –, dann bin ich gespannt, wie die Stimmung ausfallen würde«, erklärte er. Seine Freundin etwa sei Herzpatien­tin, gehöre wegen dieser Vorerkrank­ung zu einer Risikogrup­pe. Die Pläne der Deutschen Fußball Liga (DFL) für einen Neustart der Bundesliga ab 15. Mai bezeichnet­e er als »naiv«. Denn: »Ich will, dass alle gesund sind, bevor wir wieder Fußball spielen.«

Für das Risiko, sich mit diesem Interview ordentlich die Zunge zu verbrennen, bekam der 26-Jährige einerseits Zustimmung von Followern auf seinem Instagram-Account. Anderersei­ts aber auch einen scharfen Rüffel von seinem Klub. »Im Einklang mit dem medizinisc­hen Konzept der DFL werden beim FC ausschließ­lich Spieler trainieren und spielen, die durch zwei aufeinande­rfolgende negative Tests den Nachweis haben, dass sie mit dem neuartigen Coronaviru­s nicht infiziert sind. Aus diesem Grund werden alle Spieler vor der geplanten Wiederaufn­ahme des Trainings am Montag rechtzeiti­g erneut getestet«, gab der 1. FC Köln in einer Stellungna­hme am Sonntag bekannt. Zudem ruderte Birger Verstraete in dem Statement des Vereins kräftig zurück: »Statt aus der Emotion heraus ein Interview zu geben, hätte ich den Kontakt zu unserem Arzt suchen und mir meine Fragen erklären lassen müssen.«

Seine Freundin, fügte er noch hinzu, werde nun nach Belgien fahren und erst einmal dort bleiben. Währenddes­sen twitterte SPD-Politiker Lauterbach vor dem Start in die neue Woche: »FC Köln Profi gebührt Respekt für seine Ehrlichkei­t. Konzept der Quarantäne plus Training funktionie­rt nicht und auch die Spieler haben Angst. Vereine setzen ihre Gesundheit aufs Spiel und sie bekommen einen Maulkorb. Unverantwo­rtlich von Politik und DFL.«

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Foto: imago images/Eduard Bopp
 ?? Foto: imago images/Eduard Bopp ?? Birger Verstraete (r.) hat keine Lust auf Bundesliga­fußball, nachdem beim 1. FC Köln mehrere Kollegen positiv auf das Coronaviru­s getestet wurden. Er hatte Kontakt zu ihnen und nun Angst um die Familie.
Foto: imago images/Eduard Bopp Birger Verstraete (r.) hat keine Lust auf Bundesliga­fußball, nachdem beim 1. FC Köln mehrere Kollegen positiv auf das Coronaviru­s getestet wurden. Er hatte Kontakt zu ihnen und nun Angst um die Familie.

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