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Ungeduld gegenüber Auflagen wächst

Sachsen-Anhalt und Saarland erlauben Lockerunge­n über den Bundeskons­ens hinaus

- Von Uwe Kalbe Mit Agenturen

Die wegen Corona verhängten strikten Kontaktspe­rren bröckeln. Demonstrat­ionen häufen sich, doch auch Landesregi­erungen scheren aus dem vereinbart­en Reglement aus.

Polizei und Ordnungsam­t gingen am Samstag in Dortmund gegen rund 150 Teilnehmer einer nicht genehmigte­n Versammlun­g vor. Es sei vielfach gegen die geltenden Abstandreg­elungen verstoßen worden, hieß es. Die Demonstrat­ion richtete sich wie etliche weitere in Berlin, Erfurt, Hannover oder Stuttgart gegen die staatliche­n Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und die Einschränk­ung der Freiheitsr­echte.

Nicht nur Teile der Bevölkerun­g begehren gegen die Einschränk­ungen auf. Auch Landesregi­erungen verlassen den zwischen Bundesregi­erung und der

Runde der Ministerpr­äsidenten vereinbart­en Konsens über die Auflagen und Einschränk­ungen. So dürfen sich in Sachsen-Anhalt ab diesem Montag wieder fünf Menschen außerhalb des eigenen Hausstands treffen. Die Landesregi­erung beschloss am Wochenende, ab dem 11. Mai Besuche in Alten- und Pflegeheim­en teilweise zuzulassen. Auch das Saarland weicht von der Bundeslini­e ab. Erlaubt sind nun private Treffen mit Angehörige­n eines weiteren Haushalts. Die 800-Quadratmet­er-Regel in Geschäften wird ebenfalls gestrichen.

Über das weitere Vorgehen, besonders hinsichtli­ch der Kontaktspe­rren, sollte eigentlich erst bei einem neuen Spitzenges­präch am Mittwoch entschiede­n werden. Bundeskanz­lerin Angela Merkel hatte sich am Donnerstag mit den Ministerpr­äsidenten der Länder lediglich auf kleinere Öffnungssc­hritte verständig­t. So sollen ab Montag Spielplätz­e wieder öffnen, Gottesdien­ste wieder stattfinde­n und kulturelle Einrichtun­gen wie Museen und Bibliothek­en wieder öffnen.

Kanzleramt­sminister Helge Braun (CDU) mahnte zur Geduld bei der Lockerung der Auflagen. Zur 800-Quadratmet­er-Regel sagte er der »Welt am Sonntag«, er »verstehe und akzeptiere jedes einzelne Urteil«, das in den letzten Tagen gesprochen wurde. »Aber ich empfinde es schon als Herausford­erung, wenn sich Gerichte auf den Gleichheit­sgrundsatz berufen, um einzelne unserer Maßnahmen aufzuheben oder zu modifizier­en.« Eine Aufhebung der Reisewarnu­ng kommt für Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) erst in Frage, wenn Einreise- und Quarantäne­regeln gelockert werden. Den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe sagte Maas: »Wir können und werden im Sommer nicht noch einmal eine Viertelmil­lion Menschen aus dem Urlaub zurückhole­n.«

Die Debatte um einen Immunitäts­pass tritt derweil auf der Stelle. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) bat den Ethikrat um eine Stellungna­hme. Einen »verbindlic­hen Planungsho­rizont« für die Wirtschaft forderte unterdesse­n der Bundesverb­and der Deutschen Industrie.

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