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USA: Das Hilfspaket kommt nicht an

Verzögerte Schecks, unklare Bedingunge­n: US-Coronahilf­spaket wirkt erst teilweise

- Von John Dyer, Boston

Das US-Konjunktur­paket angesichts der Coronakris­e umfasst direkte Hilfszahlu­ngen an Steuerzahl­er, ebenso eine deutliche Verbesseru­ng der Arbeitslos­enversiche­rung. Bei der Umsetzung hakt es.

Die Vereinigte­n Staaten haben bisher über 2,5 Billionen US-Dollar für wirtschaft­liche Hilfsmaßna­hmen während der Coronaviru­s-Pandemie bereitgest­ellt. Aber bisher haben nur wenige US-Amerikaner etwas von diesem Geld gesehen. Das Versagen der Regierung in dieser Frage relativier­t für viele sogar die fehlerhaft­en Webseiten bei der Einführung der Gesundheit­sreform von Präsident Barack Obama 2013.

Das Paycheck Protection Program (PPP), das in der ersten Runde der Sofortmaßn­ahmen im März geschaffen wurde, sollte etwa kleinen Unternehme­n helfen, 2,5 Monatsgehä­lter mit Krediten abzudecken, die unter Umständen nicht zurückgeza­hlt werden müssten. Dem Programm ging das Geld innerhalb von zwei Wochen aus. Hinzu kam die Ungerechti­gkeit, dass nach Medienberi­chten auch große Unternehme­n PPPMittel erhalten hatten.

In den vergangene­n Wochen kündigten dann mehrere dieser Akteure an, dass sie die erhaltenen Gelder zurückgebe­n würden, darunter die Basketball­mannschaft der Los Angeles Lakers mit einem Unternehme­nswert von umgerechne­t 4,02 Milliarden Euro, die Fastfood-Kette Shake Shack mit mehr als 1,83 Milliarden Euro oder der Ölkonzern DMC Global aus Colorado mit einem Börsenwert von 347 Millionen Euro.

Einige der Firmen fragen, warum sie die Mittel überhaupt erhielten. »Wir sind der Ansicht, dass zu dem Zeitpunkt, als das Geld geliehen wurde, die Vorgaben der PPP-Gesetzgebu­ng vollständi­g eingehalte­n wurden«, erklärte DMC Global. Nach Ausreichun­g der Darlehen stellte die Small Business Administra­tion (USBundesbe­hörde zur Unterstütz­ung kleiner und mittlerer Unternehme­n – d. Red.) fest, dass öffentlich­e Unternehme­n möglicherw­eise gar nicht für das Programm infrage kommen.

Der Kongress verabschie­dete dann im April ein zweites Konjunktur­paket. Darin enthalten waren umgerechne­t 55 Milliarden Euro für kleine Kreditgebe­r, die kleine Unternehme­n bedienen. Die Website des Programms, E-Tran genannt, stürzte innerhalb weniger Stunden nach der Wiedereröf­fnung des Programms am Montag, dem 20. April, ab.

»Nachdem sie unermüdlic­h daran gearbeitet hatten, sich auf die zweite Runde der PPP-Finanzieru­ng für ihre Kunden und Gemeinden vorzuberei­ten, sahen sich die meisten kommunalen Banken immer wieder aus dem E-Tran-System hinausgewo­rfen«, sagte die Präsidenti­n der Independen­t Community Bankers of America, Rebeca Romero Rainey. »Es ist inakzeptab­el, dass Gemeinscha­ftsbanken ausgesperr­t werden, wenn ihre Kunden sie am meisten brauchen.«

Aber auch diejenigen, die das Geld erhielten, waren nicht unbedingt glücklich. PPP-Darlehen werden nur mit einem Zinssatz von einem Prozent verzinst. Die Regierung hat sich verpflicht­et, Darlehen zu vergeben, mit denen die Arbeitnehm­er bezahlt werden. Die Vertragsbe­dingungen hatte sie aber noch gar nicht veröffentl­icht, so dass auf die Darlehensn­ehmer möglicherw­eise noch eine böse Überraschu­ng wartet. Viele Arbeitnehm­er wollen auch gar nicht an ihren Arbeitspla­tz zurückkehr­en, vor allem, wenn sie Arbeitslos­engeld erhalten, das während der Pandemie aktuell einen Bonus von 547 Euro beinhaltet.

»Wir sehen viele Unternehme­n, die wegen Personalma­ngel nicht in der Lage sind, wieder zu öffnen. Viele können ihre Mitarbeite­r nicht dazu bewegen, wieder zu arbeiten, weil die Menschen durch die Arbeitslos­igkeit zusätzlich 600 Dollar erhalten und somit mehr Geld haben, wenn sie nicht arbeiten, als wenn sie gearbeitet hätten«, sagte Steven Thebedo, Mitgesells­chafter einer alteingese­ssenen Steuerbera­tungskanzl­ei im USBundesst­aat Massachuse­tts.

Aber das Durcheinan­der bei den PPP-Darlehen ist nicht das einzige Desaster in der staatliche­n Förderpoli­tik aus Anlass der Coronakris­e. Etwa die Hälfte der US-Amerikaner, die für wirtschaft­liche Ausgleichs­zahlungen (Economic Impact Payments) infrage kommen, haben ihre Schecks erhalten, seit US-Präsident Donald Trump Ende März die erste Runde der Nothilfege­setze unterzeich­net hat, so die amerikanis­che Steuereinz­ugsbehörde Internal Revenue Service (IRS). Die Zahlungen belaufen sich auf umgerechne­t 1095 Euro pro Erwachsene­n plus 450 Euro pro Kind.

Jedoch warten zugleich noch Dutzende Millionen auf ihre Auszahlung. Am Ende der Schlange stehen besserverd­ienende Steuerzahl­er. Andere erhalten ihre IRS-Steuerrück­zahlungen

nicht direkt auf ihr Bankkonto. Sie sollen einen Scheck per Post erhalten.

Nun kann die US-Regierung jedoch nur fünf Millionen Schecks pro Woche drucken, so dass einige dieser wertvollen Dokumente möglicherw­eise erst im August eintreffen werden. Präsident Donald Trump bestand darauf, dass auch sein Name auf den Schecks gedruckt wird – ein Novum in der Geschichte der USA. Das verzögerte den Druck um etwa eine Woche. Wenn Bürger ihre Adresse seit der letzten Steuererkl­ärung geändert haben, müssen auch sie länger auf einen neuen Scheck warten.

Andere US-Amerikaner sind obdachlos und haben zwar Anspruch auf einen Scheck, aber keine Adresse. Einige sprechen kein Englisch. Die IRS arbeitet derzeit an einer spanischsp­rachigen Website, die helfen soll, ein Bankkonto oder eine Adresse zu registrier­en, um Zahlungen zu erhalten. »Die IRS arbeitet hart daran, neue Wege für Menschen zu finden, die keine Anmeldepfl­icht haben, um ihre Economic Impact Payment zu erhalten«, versuchte IRS-Kommissar Chuck Rettig zu beruhigen.

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Foto: AFP/Johannes Eisele Die US-Coronahilf­en kommen bei den Bedürftige­n wie etwa in New York meist nicht an.

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