nd.DerTag

Stelldiche­in der Verschwöre­r

Erneut versammeln sich Rechte, ehemalige Linke und viel Polizei am Rosa-Luxemburg-Platz in Mitte

- Von Philip Blees

Das Prozedere ist bekannt: Trotz Corona-Verordnung treffen sich in Mitte Verschwöru­ngs theoretike­r* innen, um gegen diese zu demonstrie­ren. Wiedergibt es zahlreiche Festnahmen.

Hundertsch­aften der Polizei aus Nordrhein-Westfalen, RheinlandP­falz, Bayern und der Bundespoli­zei sperren am Freitag den Rosa-Luxemburg-Platz in Mitte ab. Vor der Volksbühne, wo an den vergangene­n Wochenende­n Proteste gegen die Corona-Verordnung liefen, ist nichts los. Die Rechten, die das Bild der Veranstalt­ungen zuletzt geprägt haben, versammeln sich diesmal an den Absperrung­en. Gruppen von »Jungen Nationalis­ten« sind zu sehen. Am 1. Mai gehört die Kulisse des Theaters aber einer Gruppe Demonstran­t*innen, die gegen die »Querfront«, wie sie die »Hygiene-Demo« bezeichnen, auf die Straße gehen. Die antifaschi­stische Kundgebung wird von der Polizei gesichert. Davor gibt es eine zweite Kontrollli­nie, an der nur Anwohner*innen passieren gelassen werden.

Auf der Querfront-Seite kommt es immer wieder zu Diskussion­en und Rangeleien zwischen Personen, die sich mit Reden oder auch körperlich gegen die Polizeimaß­nahme stellen wollen, und den Beamt*innen. Festgenomm­ene werden in eine große »Bearbeiter-Gasse« geführt, davor reihen sich am frühen Abend die Teilnehmer. 91 »freiheitsb­egrenzende Maßnahmen« hat die Polizei laut eigenen Angaben durchgefüh­rt. Alle Personen wurden danach freigelass­en.

Keine Angaben möchte die Polizeispr­echerin gegenüber »nd« zum Initiator der als Zeitungsve­rteilungen angekündig­ten Aktionen machen: Der ehemalige taz-Journalist Anselm Lenz soll auch am Freitag festgenomm­en worden sein. In einem Video ist zu erkennen, wie er einen Stapel Zeitungen auf Polizist*innen wirft und anschließe­nd von diesen aus einem Taxi gezerrt wird. Er soll noch in der Nacht wieder freigelass­en worden sein.

Shelly Kupferberg, Journalist­in, sprach im Stream der Volksbühne

Das ist auch Thema am Samstag, als sich die Verschwöru­ngs theoretike­r* innen erneut versammeln. Einzelne Teilnehmer*innen tragen T-Shirts mit So lid aritäts bekundunge­n für Lenz. Auch der antifaschi­stische Gegen protest ist wieder vor Ort, um Flagge zu zeigen.

Es ist ein eingespiel­tes Szenario: Die gleichen rechten Blogger wie der »Volkslehre­r« Nikolai Nerling oder der bekanntere Ken Jebsen kommen auf den Platz. Es werden wieder krude Inhalte verbreitet. Schilder gegen Bill Gates als angebliche­r Profiteur der Coronakris­e oder George Soros sind zu sehen – das sind noch die harmlosest­en Verschwöru­ngstheorie­n, die hier Anklang finden.

Doch: An diesem zweiten Tag ist es ruhiger. »Heute ist ein friedliche­s Straßenbil­d zu erkennen«, bestätigt Polizeispr­echerin Anja Dierschkei dem »nd«. Durchsagen der Polizei sind weniger zu hören. Nur vereinzelt werden Menschen vom Platz begleitet. Gegen Ende wird eine Gruppe Hooligans von der Polizei zum Alexanderp­latz geführt.

Die Volksbühne wehrt sich derweil weiter gegen die Rechten: »Wir sind nicht eure Kulisse«, macht Journalist­in Shelly Kupferberg im Stream des Theaters klar.

»Wir sind nicht eure Kulisse.«

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