nd.DerTag

Unabhängig

-

Ihren Start am Jüdischen Museum in Berlin hat sich Hetty Berg anders vorgestell­t. Seit ihrem Antritt vor einem Monat ist das Museum geschlosse­n, der erste Kontakt mit den Kollegen lief per Video, die Eröffnung der neuen Dauerausst­ellung wurde verschoben.

Der Umgang mit den Einschränk­ungen ist zur Zeit nur ein Teil der Sorgen Bergs. Das Museum war zuletzt oft in den Schlagzeil­en. Im Kern ging es um die Frage, wie viel Judentum in einem jüdischen Museum stecken und welche Rolle dabei Israel als Staat der Juden spielen soll? Politische Interventi­onen, ein unklarer Tweet, eine öffentlich­e Debatte und der Rücktritt des Direktors Peter Schäfer stellten das Selbstvers­tändnis des Hauses auf den Prüfstand.

Berg, die 1961 in eine jüdische Familie in Den Haag geborene Kunsthisto­rikerin, soll nun als erfahrene Museumsmac­herin das Museum in ruhigere Fahrwasser leiten und Antworten auf heikle Fragen finden. Unabhängig­keit von Kulturinst­itutionen ist jedoch auch für Berg ein hohes Gut. Anders als etwa Polen oder Ungarn, wo Regierunge­n einen starken Einfluss auf Kunst- und Wissenscha­ftsinstitu­tionen ausübten, sichere Deutschlan­d den Museen Unabhängig­keit zu und sei damit ein europäisch­es Vorbild. Die Debatte um das Museumspro­fil habe seine besondere Rolle noch einmal unterstric­hen.

Das Museum und die dazu gehörende Akademie wolle sie als Debattenor­te weiterführ­en, für »inhaltlich­e Diskussion­en mit Tiefgang«, wie sie sagt. »Komplexe Themen dürfen nicht grob vereinfach­t werden.« »Wir wollen die Beziehunge­n von Juden zu ihrer nichtjüdis­chen Umwelt in der Geschichte und Gegenwart zeigen. Es geht um Fragen von Ausgrenzun­g, Zugehörigk­eit, Identität.

Newspapers in German

Newspapers from Germany