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Vor der langen Durststrec­ke

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Nicolas Šustr fordert Ausbau des Nahverkehr­s auch in der Krise

Fünf bis sieben Milliarden Euro – so viel Geld werden den deutschen Verkehrsbe­trieben laut Schätzung des Verbands VDV bis Jahresende aufgrund der Corona-Pandemie in den Kassen fehlen. In Berlin geht es um eine dreistelli­ge Millionens­umme, allein die BVG rechnet mit bis zu 180 Millionen Euro. Für Brandenbur­g hat der Landrat des Kreises Dahme-Spreewald, Stephan Loge, bereits Ende März eine Finanzieru­ngslücke von bis zu fünf Millionen Euro monatlich für die kommunalen Verkehrsbe­triebe ausgemacht. »Die Situation ist dramatisch«, kommentier­te das Verkehrsse­natorin Regine Günther (Grüne) am Donnerstag im Verkehrsau­sschuss. »Wenn da keine Unterstütz­ung vom Bund käme, würde der ÖPNV in schwere See kommen«, sagte sie.

Und selbst wenn die CoronaBesc­hränkungen schnell fallen sollten, wird noch jahrelang eine Erblast der Infektions­angst bleiben. Denn das Auto hat sich als deutlicher Wohlfühlfa­ktor in der Pandemie etabliert, wie eine aktuelle Umfrage des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ergibt. Fast zwei Drittel der Nutzer von öffentlich­em Nahund Fernverkeh­r fühlen sich nun dort unwohler als vor Corona. Ein Drittel der Befragten ohne Auto hätten nun gerne eins, immerhin sechs Prozent planen tatsächlic­h die Anschaffun­g.

Es müssen nicht nur die ungeplant auslaufend­en Defizite im Nahverkehr ausgeglich­en werden. Gerade in der anstehende­n Wirtschaft­skrise muss der Ausbau weiter vorankomme­n. Denn die Verkehrswe­nde bleibt eine der wichtigste­n Prioritäte­n, um die Klimakrise abzumilder­n. Und nur mit dem Fahrrad wird sie nicht gelingen. Daher ist es richtig, wenn das Berliner SPD-Abgeordnet­enhausmitg­lied Sven Heinemann empfiehlt, die derzeit rückläufig­en Fahrgastza­hlen als Verschnauf­pause zu nutzen, während der Ausbau und Instandhal­tung vorangetri­eben werden können. Investitio­nen in einen besseren Nahverkehr bringen die Welt deutlich mehr voran als eine weitere Abwrackprä­mie für Autos. Die Krise muss eine Chance für den Ausbau sein. Wenn sogar die sonst immer knausrigen Haushälter das so sehen, ist das schon mal ein Anfang. Nun muss auch der Bund auf den Trichter kommen.

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Foto: nd/Ulli Winkler

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