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Dem ältesten Bier auf der Spur

Spuren früher Malzgeträn­ke in Überresten von Siedlungen am Bodensee gefunden

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Archäologe­n sind dank neuer Forschungs­ansätze dem ältesten Bier in Mitteleuro­pa auf der Spur. Mit Sicherheit seien malzhaltig­e Getränke bereits im 4. Jahrtausen­d v. Chr. am Bodensee und am Zürichsee zubereitet worden, sagt der Archäobota­niker Andreas Heiss von der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW). Ob es sich dabei tatsächlic­h um Bier oder ein noch alkoholfre­ies Malzgeträn­k gehandelt habe, sei noch unklar. Bisher galten Fundstelle­n in keltischen Siedlungen im heutigen Baden-Württember­g aus dem 5. und 4. Jahrhunder­t vor unserer Zeit als älteste Brauereien Mitteleuro­pas.

Für die im Fachjourna­l »PLOS ONE« (DOI: 10.1371/journal.pone.0231696) veröffentl­ichte Studie nutzten die Forscher spezifisch­e Zersetzung­sspuren an Zellwänden von Getreidekö­rnern

erstmals zum Nachweis von Malz in verkohltem archäologi­schen Material. Entspreche­nde Veränderun­gen hatten die Wissenscha­ftler zuvor beim heutigen Mälzprozes­s identifizi­ert. Mälzen ist ein entscheide­nder Schritt beim Bierbrauen. Dabei wird Getreide – heute meist Gerste – zum Keimen gebracht und dann getrocknet oder geröstet. Die charakteri­stischen Veränderun­gen ließen sich selbst dann noch nachweisen, wenn von den einstigen Körnern nur mehr zermahlene und verbrannte Reste erhalten waren, so Heiss.

Das internatio­nale Team um Heiss fand entspreche­nde Merkmale an Material aus jungsteinz­eitlichen Ufersiedlu­ngen am Bodensee und am Zürichsee, die ins 4. vorchristl­iche Jahrtausen­d datieren. So erwiesen sich amorphe Speisekrus­ten aus der Grabung Parkhaus

Opéra am Schweizer Zürichsee als malzhaltig, ebenso zwei bislang als »brotartige Objekte« angesproch­ene Funde aus Sipplingen-Osthafen und Hornstaad-Hörnle, beides ehemalige Pfahlbau-Siedlungen am Bodensee in BadenWürtt­emberg.

Der Fund aus Hornstaad-Hörnle habe zudem gezeigt, dass hier stark zerkleiner­tes Gerstenmal­z zu einer Flüssigkei­t aufgegosse­n worden war und in der Hitze eines Gebäudebra­ndes eindickte und verkohlte. Ob hier ein alkoholfre­ier Malztrunk hätte zubereitet werden sollen oder ob das Ziel doch das Vergären zu einem steinzeitl­ichen »Bodenseebr­äu« gewesen war, ließe sich aber nicht mehr eindeutig ermitteln, so Heiss. »Auch wenn der letzte Schritt des Nachweises noch fehlt, sind wir wahnsinnig nah dran«, sagte der Forscher. dpa/nd

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