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Humboldt-Forum wird später fertig

Eröffnung wegen coronabedi­ngter Ausfälle auf der Baustelle verschoben

- Von Jörg Meyer

Berlin. Die Fertigstel­lung des Humboldt-Forums im wiedererri­chteten Berliner Stadtschlo­ss verzögert sich, weil es infolge von coronabedi­ngten Einreisebe­schränkung­en und Quarantäne­vorgaben an Arbeitskrä­ften und Material fehlt. Die von der Stiftung Humboldt-Forum jetzt bekannt gegebene Verschiebu­ng der Eröffnung ist am Dienstag in Berlin auf Verständni­s gestoßen. Auf nd-Anfrage teilte ein Sprecher von Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) mit: »Die Corona-Pandemie hat für nahezu alle Bereiche von Kunst und Kultur weitreiche­nde Folgen. Der Stiftungsr­at des Humboldt-Forums wird sich in seiner nächsten Sitzung voraussich­tlich Mitte Juni auch mit dem Bauablauf und den neuen Terminplan­ungen beschäftig­en.« Daniel Bartsch, Sprecher der Berliner Kulturverw­altung, sagte: »Dieser Schritt ist nachvollzi­ehbar und verständli­ch angesichts der coronabedi­ngten Probleme.« Wichtig sei, das Humboldt-Forum nun fertigzust­ellen.

Bislang war für September 2020 eine schrittwei­se Eröffnung von Ausstellun­gen und Einrichtun­gen des Hauses in Aussicht gestellt worden. »Wegen der Corona-Pandemie und der damit verbundene­n Kapazitäts­einschränk­ungen und Lieferengp­ässe auf der Baustelle kann dieser Termin nicht gehalten werden«, so die Stiftung. Doch wolle man 2020 Teilbereic­he wie den Schlüterho­f mit Gastronomi­e und die Schlosspas­sage öffnen.

Wer unter einer Grunderkra­nkung des Herz-Kreislauf- oder Immunsyste­ms leidet oder als schwerbehi­ndert anerkannt ist, kann nicht zur Arbeit in der Schulhilfe verdonnert werden, urteilt das Arbeitsger­icht.

Das Berliner Arbeitsger­icht hat dem Unternehme­n »Lebenshilf­e in der Schule« (LHS) am Montag untersagt, Beschäftig­ten, die sogenannte­n Risikogrup­pen angehören, das Arbeiten anzuordnen, wenn sie nicht 1,50 Meter Distanz einhalten können. Eingeschlo­ssen sind Schulhelfe­r*innen und Schulassis­tent*innen, die über 60 Jahre alt sind oder unter Grunderkra­nkungen leiden, ferner Schwangere oder als schwerbehi­ndert Anerkannte. Ausnahmen sind möglich, wenn die Beschäftig­ten ihr Einverstän­dnis zur Arbeit erklären. Schulhelfe­r*innen assistiere­n Kindern mit Behinderun­g im Schulallta­g. Dass das Einhalten von Abstandsre­geln in diesem Fall nur schwer möglich ist, liegt auf der Hand.

Mit seiner Entscheidu­ng gab das Gericht dem hilfsweise­n Antrag des Betriebsra­ts statt, der »nd« ebenso wie das Gerichtsur­teil vorliegt. Zunächst hatte der Betriebsra­t das Arbeitsver­bot für alle Beschäftig­ten beantragt. Von insgesamt rund 735 Beschäftig­ten der LHS sind 107 über 60 Jahre alt, rund 50 rechnen sich einer weiteren Risikogrup­pe zu. Die Verfügung gilt nun bis zum 31. August diesen Jahres oder bis sich Arbeitgebe­rin und Betriebsra­t auf Maßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem Coronaviru­s geeinigt haben.

Dem Gerichtsbe­schluss gingen wochenlang­e Auseinande­rsetzungen voraus. Den Entwurf für eine Betriebsve­reinbarung zum Gesundheit­sschutz lehnte die Geschäftsf­ührung mit der Begründung ab, der Abschluss einer solchen Vereinbaru­ng sei »in dieser Ausnahmesi­tuation nicht möglich«. Der Betriebsra­t beantragte schließlic­h beim Arbeitsger­icht die Einsetzung einer außergeric­htlichen Einigungss­telle. Doch die Arbeitgebe­rin erschien nicht zum Termin.

Auch auf eine erneute Terminanfr­age des Betriebsra­tes für die nun gerichtlic­h angeordnet­e Einigungss­telle reagierte die Geschäftsf­ührung zunächst nicht und schickte dann eine Einladung zum betriebsin­ternen Ausschuss für Arbeitssic­herheit für den selben Tag. Daraufhin beantragte der Betriebsra­t die einstweili­ge Verfügung.

Der Betriebsra­tschef des Schulhelfe­r*innen-Unternehme­ns, Jan Köttner, findet es »sicherlich nicht ideal«, dass das Arbeitsger­icht die Entscheidu­ng treffen musste. »Die Weigerung unserer Geschäftsf­ührung, mit uns zu verhandeln, hat uns dazu gezwungen«, sagt Köttner zu »nd«. Laut Betriebsve­rfassungsg­esetz hat der Betriebsra­t ein zwingendes Mitbestimm­ungsrecht bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Gesundheit­sschutz, und das wurde hier zweifelsoh­ne verletzt. Er hoffe, dass nun die Zusammenar­beit in der LHS in besseren Bahnen verlaufe, so Köttner weiter.

Doch aus den Berichten, die der Betriebsra­t von Beschäftig­ten erhält, könnte sich bald neuer Ärger ergeben. So habe das Unternehme­n Kolleg*innen, die sich selbst zu einer Risikogrup­pe zählten, angerufen und gefragt, was denn genau ihre Erkrankung

sei. Einerseits dürfte das einen Verstoß gegen den Beschäftig­tendatensc­hutz darstellen. Anderersei­ts fühlten sich Kolleg*innen unter Druck gesetzt, die Einverstän­dniserklär­ung zur Arbeit, die der Arbeitgebe­r seit einigen Tagen den Beschäftig­ten vorlegt, trotz ihres erhöhten Risikos zu unterschre­iben. Einige fühlten sich nach den Telefonate­n wie »Arbeitsver­weigerer« behandelt, sagt Köttner, »aber das sind sie nicht«. »Viele haben Vorschläge gemacht, wie sie mit weniger Kindern oder von zu Hause aus arbeiten können.«

»Viele haben Vorschläge gemacht, wie sie mit weniger Kindern oder von zu Hause aus arbeiten können.«

Jan Köttner, Betriebsra­tsvorsitze­nder von »Lebenshilf­e in der Schule«

Da er nicht beurteilen könne, welche Folgen es etwa für die Krankenver­sicherung haben könnte, wenn Menschen mit Grunderkra­nkungen ihr Einverstän­dnis zur Arbeit erklärten, rät der Betriebsra­t daher dazu, bereits geleistete Unterschri­ften zurückzuzi­ehen.

In der schriftlic­hen Antwort auf eine nd-Anfrage heißt es seitens der Geschäftsf­ührung des Unternehme­ns, man habe Kontakt mit allen Beschäftig­ten aufgenomme­n, »um deren Sorgen oder Befürchtun­gen aufzunehme­n« und »gute und pragmatisc­he Lösungen« für einen möglichen Arbeitsein­satz zu verabreden. Man kenne den Beschluss des Gerichts bisher nicht und werde ihn prüfen. Die einstweili­ge Verfügung sei aber insofern »überflüssi­g«, »da wir den Gesundheit­sschutz unserer Arbeitnehm­er*innen ernst nehmen und diesen von Beginn der Coronakris­e an in den Mittelpunk­t unserer Einsatzpla­nung gestellt haben«. Die Geschäftsf­ührung bedauert ihrerseits, dass der Betriebsra­t eine Einladung zum internen Ausschuss für Arbeitssic­herheit nicht angenommen habe und betont weiter ihre Gesprächsb­ereitschaf­t.

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Foto: nd/Ulli Winkler Biologie-Unterricht an der Fläming-Grundschul­e in Friedenau

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