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Twitter geht gegen Verschwöru­ngstheorie­n vor

- Dal

Nachdem bereits Youtube Videos von Verschwöru­ngstheoret­ikern gelöscht hatte, kündigte nun auch Twitter an, gegen die Verbreitun­g von Verschwöru­ngstheorie­n vorzugehen. Der Kurzbotsch­aftendiens­t will dabei ähnlich vorgehen wie das Onlinenetz­werk Facebook. Künftig sollen demnach »irreführen­de« und »umstritten­e« Aussagen in mehreren Abstufunge­n gekennzeic­hnet werden. Je nach Schadensri­siko solle Tweets eine Warnung vorgeschal­tet werden. Der Philosoph Jan Skudlarek begrüßt das Handeln der

Plattforme­n. Er hat sich in seinem Sachbuch »Wahrheit und Verschwöru­ng – wie wir erkennen, was echt und wirklich ist« mit den Gefahren von Verschwöru­ngstheorie­n befasst.

»Es handelt sich momentan nicht nur um falsche Beschreibu­ngen der Wirklichke­it oder einfach eine andere Meinung«, sagte Skudlarek dem »nd«. Das zeigten nicht zuletzt die Äußerungen von Teilnehmer­n der Demonstrat­ionen am Wochenende in Berlin: »Da wird von Umsturz fantasiert und ein Untergang herbeigere­det bis hin zum Einsatz von Waffen. Da werden Handlungse­mpfehlunge­n gegeben, Militanz und Märtyrerfa­ntasien ausgelebt.«

Die Anfälligke­it für Verschwöru­ngstheorie­n resultiere oft aus dem Gefühl von Kontrollve­rlust: »Oft geht es auch darum, die komplexe, uneindeuti­ge Wirklichke­it zu vereinfach­en. Heraus kommt ein Schwarz-Weiß-Denken mit klarem Feindbild.« Je weiter radikalisi­ert Menschen seien, desto weniger seien sie beeinfluss­bar.

Skudlarek sieht in der derzeitige­n Ausbreitun­g deutliche Parallelen zu rechten Kampagnen, die in den letzten Jahren in Gewalt gipfelten. Ein Beispiel seien die gewalttäti­gen Ausschreit­ungen in Chemnitz im August 2018, aber auch die Aktivitäte­n der rechten Pegida-Bewegung.

»Wir haben es hier mit einer lauten Minderheit zu tun, die versucht, den Diskurs zu kapern, sich dabei aber größer macht, als sie ist«, beschreibt Skudlarek den »Megafoneff­ekt« der Onlinemedi­en. Der daraus erwachsend­en Verantwort­ung dürften sich die Betreiber nicht entziehen.

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