Vorwürfe
Nach Vorwürfen einer deutschen Fernsehjournalistin ermitteln die französischen Behörden gegen Ex-Präsident Valéry Giscard d’Estaing wegen sexueller Belästigung. Das teilte die Pariser Staatsanwaltschaft mit. Die WDR-Journalistin Ann-Kathrin Stracke wirft dem 94-jährigen Ex-Staatschef vor, nach einem Interview im Dezember 2018 mehrfach übergriffig geworden zu sein. Die Journalistin hat Anzeige gegen ihn erstattet.
Stracke hatte ihre Anschuldigungen unlängst öffentlich gemacht. Nach Angaben der Fernsehjournalistin berührte Giscard d’Estaing sie nach dem Interview mehrfach ungefragt. Sie habe wiederholt versucht, seine Hand wegzuschieben, dies sei ihr jedoch nicht gelungen. »Ich habe die Situation als sehr degradierend, als sehr herabsetzend empfunden«, sagte sie. Nun hoffe die Medienmacherin auf »eine gesellschaftliche Debatte über sexuelle Belästigung und mehr Mut, Dinge anzusprechen«.
Der WDR betonte, Giscard d’Estaings Büro habe weder auf einen offiziellen Beschwerdebrief noch auf die Strafanzeige vom März inhaltlich reagiert. Stracke begrüßte die Ermittlungen. Sie sei »froh« darüber und stehe für eine Zusammenarbeit mit der französischen Justiz bereit, sagte die Journalistin. Giscard d’Estaings Anwalt wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde eine Polizeieinheit für Personendelikte mit der Untersuchung beauftragt.
Die Journalistin Ann-Kathrin Stracke hatte Giscard d’Estaing im Dezember 2018 anlässlich des 100. Jahrestags der Geburt von Helmut Schmidt interviewt. Der französische Ex-Staatschef war ein langjähriger Freund des verstorbenen Ex-Kanzlers. Giscard war von 1974 bis 1981 Frankreichs Präsident.