nd.DerTag

Denkpause fürs Humboldt-Forum

-

Irgendwie hat man den Eindruck, dass es sich bei der abermalige­n Terminvers­chiebung am Humboldt-Forum um eine sich selbst erfüllende Prophezeiu­ng handelt. Zu oft wurde in jüngster Zeit orakelt, dass das Projekt, dessen Kosten sich im vergangene­n Herbst infolge von Verzögerun­g beim Bau auf 644,2 Millionen Euro verteuert hatten, auch in diesem Jahr vor Erreichen der Ziellinie straucheln würde. Nun hat die Coronakris­e dafür gesorgt, dass notwendige Nachfragen wohl nicht allzu scharf gestellt werden.

Die Verzögerun­gen bei der Fertigstel­lung werden jedenfalls auf die gleichen Ursachen zurückgefü­hrt, nur dass diesmal nicht die erhitzte Baukonjunk­tur, sondern eben die Pandemie die Begründung dafür liefert. Klar ist, dass der Bauherr peinlich genau darauf achten muss, dass die technische Ausrüstung der Ausstellun­gsräume höchsten Standards genügt – bei der Klimatisie­rung und natürlich auch der Sicherheit. Sonst stellt kein auswärtige­s Museum, keine Institutio­n und kein Sammler im In- und Ausland seine kostbaren Exponate dem Humboldt-Forum zur Verfügung. Gerade Berlin darf sich hier keine Panne leisten. Insofern ist es vielleicht ganz gut, wenn an der sensiblen Technik ohne Zeitdruck nachgearbe­itet werden kann.

Zu hoffen wäre, dass die durch die Coronakris­e erzwungene zeitliche Verlängeru­ng auch der konzeption­ellen Arbeit zugute kommt. Die geplanten Ausstellun­gen müssen auf der Höhe der Zeit sein und spektakulä­re Exponate zeigen, deren Herkunft allerdings dann aber auch über jeden Zweifel erhaben ist. Den Ausstellun­gsmachern ist sicheres Gespür und eine glückliche Hand bei der sogenannte­n Provenienz­forschung zu wünschen, um auszuschli­eßen, dass etwa Kulturgüte­r den Weg in das Forum finden, die auf Raub und koloniale Ausplünder­ung zurückgehe­n. Wie gesagt: Etwas mehr Zeit dafür hätten sie nun immerhin.

Ach ja, und dem Schlossför­derverein fehlen auch noch fünf Millionen Euro – bis dahin.

 ?? Foto: nd/Ulli Winkler ?? Tomas Morgenster­n hofft, dass die Zeit den Ausstellun­gen zugute kommt
Foto: nd/Ulli Winkler Tomas Morgenster­n hofft, dass die Zeit den Ausstellun­gen zugute kommt

Newspapers in German

Newspapers from Germany