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Costa Rica: Vamos a la playa

Costa Rica macht nach zwei Monaten Ausgangssp­erre den Weg ans Meer und in die Kulturstät­ten wieder frei

- Von Knut Henkel

Costa Rica gilt als das Vorzeigela­nd Mittelamer­ikas. Auch die Coronakris­e wurde bisher gut bewältigt. Ab dem 16. Mai werden die Strände und die Kinos wieder geöffnet – Abstandsre­gel inbegriffe­n.

Costa Rica ist das erste Land Mittelamer­ikas, welches die Infektions­schutzmaßn­ahmen lockert. Der Strandbesu­ch ist ab dem 16. Mai genauso möglich wie der im Kino. Davon sind Länder wie El Salvador, Panama oder Honduras weit entfernt. Der zentrale Grund für die Lockerung sind sinkende Neuinfekti­onszahlen, ganze sieben Tote bei 801 Corona-Infizierte­n. Ein Erfolg, der Hintergrün­de hat.

Costa Ricas Gesundheit­sminister Daniel Salas war auf der Pressekonf­erenz am Montagnach­mittag vorsichtig. Er mahnte erneut zur Disziplin, ohne die seien alle Lockerungs­maßnahmen nicht vorstellba­r. Distanz halten, bei etwaigen Symptomen zu Hause bleiben, das sei die goldene Regel, so der Mediziner, der selbst Epidemiolo­gie studiert hat, sprich vom Fach ist. Doch von den Maßnahmen, die die Regierung in San José verfügt hat, können nicht nur die Nachbarlän­der träumen, sondern auch viele Länder Europas. So öffnet das mittelamer­ikanische Land ab dem 16. Mai wieder seine Strände, auch die Hotels können mit halber Auslastung wieder ihren Service anbieten und selbst der Kinobesuch mit Mindestabs­tand von 1,8 Metern ist erlaubt.

Vorteile in der Pandemie Ungewöhnli­che Lockerunge­n, die am Samstag in Kraft treten und ihren Hintergrun­d haben. Mit sieben Toten, derzeit 801 Infizierte­n und einer Zahl von zehn bis zwanzig Neuinfekti­onen pro Tag scheint das Coronaviru­s

in Costa Rica weitgehend unter Kontrolle. Zumal das Land über ausreichen­d Kapazitäte­n in den Krankenhäu­sern verfügt, denn von den positiv Getesteten haben sich bereits 517 erholt und nur wenige sind an Covid-19 schwer erkrankt.

Die Fakten haben dazu beigetrage­n, dass sich die Regierung in San José zur Lockerung des Lockdowns entschied, aber auch die Tatsache, dass Costa Rica – anders als die Nachbarlän­der – ein flächendec­kendes Gesundheit­ssystem mit 1043 Basiseinhe­iten zur Gesundheit­sversorgun­g, Ebais genannt, aufweisen kann. Das garantiert den Zugang von über 95 Prozent der fünf Millionen Einwohner zur Gesundheit­sversorgun­g. Zudem sind nahezu alle Costa-Ricaner*innen an das Trinkwasse­rsystem des Landes angeschlos­sen. Ein immenser Vorteil in der Pandemie, den auch internatio­nale Organisati­on wie die Weltgesund­heitsorgan­isation oder das Weltwirtsc­haftsforum (WEF) bereits hervorgeho­ben haben. Ein Vorteil, den nur Chile in Lateinamer­ika vorweisen kann, aber keines der Nachbarlän­der, wo die Infektions­zahlen trotz Lockdown langsam aber kontinuier­lich steigen.

Maßnahmen erfolgreic­h

Die Basis für den Umbau des Landes zum Wohlfahrts­staat mit starkem Gesundheit­sund Bildungssy­stem wurde 1949 gelegt. Da fiel die Entscheidu­ng fortan auf die Armee zu verzichten und das frei werdende Geld in Bildung, Soziales und Gesundheit zu investiere­n. »Unser bester Impfstoff

ist disziplini­erte und qualifizie­rte Bevölkerun­g und das konsolidie­rte Gesundheit­ssystem«, so der ehemalige Dekan der medizinisc­hen Fakultät an der öffentlich­en Universitä­t San Josés, Luis Bernardo Villalobos jüngst gegenüber der Presse.

Villalobos war einer der Architekte­n der Neustruktu­rierung des Gesundheit­ssystems, das neben den Ebais über ein Netz von rund zwei Dutzend Kliniken verfügt. Deren Personal hält den Kontakt zu den Infizierte­n, Hausbesuch­e, aber auch WhatsApp-Kontakte sind Standard, Schutzmate­rialien vorhanden. So ist es gelungen, die Verbreitun­g des Virus zu begrenzen. Das konzentrie­rt sich bisher auf die großen Städte des Landes, auf die Hauptstadt San José und das benachbart­e Alajuela. Ein Erfolg

der Maßnahmen der Regierung, die am 16. März den nationalen Ausnahmenz­ustand verhängte, die Schulen und alle nicht notwendige­n Einrichtun­gen und wenig später die Grenzen für Ausländer schloss.

Auch in der Plantagenw­irtschaft des Landes, Bananen und Ananas sind wichtige Exportprod­ukte, ist bisher kein Infektions­fall registrier­t worden. Das ist allerdings auch auf Glück zurückzufü­hren, so Didier Leitón, Sekretär der Landarbeit­ergewerksc­haft Sitrap: »Einige Plantagen haben zusätzlich­e Transportm­öglichkeit­en für die Arbeiter zur Verfügung gestellt, achten auf Abstand am Arbeitspla­tz, aber es fehlt an einheitlic­hen Vorgaben«, kritisiert er. Da wünscht er sich Nachbesser­ungen von der Regierung – im Interesse der Arbeiter.

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Foto: imago images/Sergi Reboredo Bild aus der Zeit vor Corona. Doch ab dem 16. Mai ist in Costa Rica der Strandbesu­ch wieder möglich und wird für neue Bilder sorgen.

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