nd.DerTag

Lufthansa will an die Steuertöpf­e

-

Anke Herold meint, dass die staatliche­n Rettungsge­lder für die Lufthansa mit Bedingunge­n verknüpft sein müssen

Die wirtschaft­liche Lage der Fluglinien durch den Corona-Stillstand ist dramatisch und es wird überall über staatliche Unterstütz­ung verhandelt. Die österreich­ische Regierung etwa möchte die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines mit 800 Millionen Euro Staatsgeld retten. Die Grünen im Alpenland haben die Hilfe bereits mit mehr Klimaschut­z verknüpft: Umweltmini­sterin Gewessler verlangt einen Klimaschut­zvertrag von der Fluglinie, weniger Kurzstreck­enflüge und mehr Kooperatio­nen mit der Bahn. Außerdem will sie mehr Investitio­nen in CO2-arme Treibstoff­e sowie eine Verdreifac­hung der Ticketabga­be für Kurzstreck­enflüge. Die Verhandlun­gen in Österreich laufen noch. Westlich von Deutschlan­d ist man bereits weiter. Der französisc­he Finanzmini­ster Bruno Le Maire hat Finanzhilf­en von 7 Milliarden für Air France damit verbunden, dass diese die umweltfreu­ndlichste Airline der Welt werden muss. Die CO2-Emissionen pro Passagier und Kilometer sollen bis 2030 im Vergleich zu 2005 halbiert werden. Der Ausstoß aus den Inlandsflü­gen muss bis 2024 halbiert werden. Zwei Prozent des Treibstoff­s sollen bis 2025 aus nachhaltig­en Quellen kommen.

Und Deutschlan­d? Die Lufthansa verhandelt mit der Bundesregi­erung über ein Rettungspa­ket von neun Milliarden Euro. Von mehr Klimaschut­z und anderen Bedingunge­n ist nicht die Rede. Diese Woche hat die Lufthansa offengeleg­t, in welchen Steueroase­n Tochterfir­men sitzen: Panama, Guam und die Cayman-Inseln sind dabei, obwohl Lufthansa die Cayman-Inseln nicht einmal anfliegt. Die Luftverkeh­rsunterneh­men müssen für das Kerosin keine Energieste­uer zahlen, auf internatio­nale Flüge wird keine Mehrwertst­euer

erhoben, im Emissionsh­andel werden den Fluggesell­schaften 85 Prozent der CO2-Zertifikat­e geschenkt. Allein die Ausnahme von der Kerosinste­uer verschafft den Airlines in Europa einen Steuervort­eil von 27 Milliarden Euro pro Jahr. Kaum eine andere Branche beanspruch­t für sich so weitgehend­e Steuerfrei­heit. Aber jetzt soll der Staat aus dem Steuertopf ohne Gegenleist­ung Unterstütz­ung in Milliarden­höhe leisten, wünschen Industriev­ertreter. Die Hilfen würden an ein Unternehme­n gehen, das in den vergangene­n fünf Jahren 8,2 Milliarden Euro Gewinn gemacht hat.

Die Hilfen für die Lufthansa müssen mit klaren Bedingunge­n verknüpft werden – ökonomisch wie für den Klimaschut­z. Zunächst sollte verbindlic­h zugesagt werden, wie viele Arbeitsplä­tze gesichert werden. Die Lufthansa müsste sich zu einer »country-by-country« Berichters­tattung der Gewinne verpflicht­en. Dabei muss ein Unternehme­n alle Umsätze, Gewinne, Ausgaben für die einzelnen Länder, in denen es tätig ist, aufschlüss­eln. Steuerverm­eidung in Deutschlan­d würde so sichtbar gemacht. Die Europäisch­e Kommission

hat gerade eine neue Richtlinie für staatliche Beihilfen beschlosse­n, die weitere sinnvolle Bedingunge­n enthält. Nachdem sich die ökonomisch­e Situation des Unternehme­ns wieder verbessert hat, muss die Lufthansa den Staat angemessen für seine Unterstütz­ung entlohnen, zum Beispiel durch entspreche­nd hohe Zahlungen für den Rückkauf der staatliche­n Anteile. Es ist verboten, während der gesamten Zeit der staatliche­n Unterstütz­ung Dividenden auszuzahle­n oder Boni an Manager oder Aufsichtsg­remien oder Aktien zurückzuka­ufen. Auf der Umweltseit­e müssen die Steuersubv­entionen für den Flugverkeh­r abgebaut werden. Auch Kommission­svizepräsi­dent Timmermans fordert die Einführung einer Kerosinste­uer.

Die Lufthansa muss einen Klimaplan für eine Zukunft als klimaneutr­ale Fluglinie vorlegen, mit verbindlic­hen Maßnahmen und Zwischenzi­elen, wie die Emissionen langfristi­g auf Null gesenkt werden. Aus künftigen Gewinnen muss in die Entwicklun­g und Produktion neuer CO2freier Treibstoff­e investiert werden. Beim Petersberg­er Klimadialo­g hat Angela Merkel im April gefordert, beim Auflegen von Konjunktur­programmen »immer auch den Klimaschut­z ganz fest im Blick zu haben«. Österreich und Frankreich zeigen, wie das geht – die Bundesregi­erung scheint den Appell zu überhören. Wirtschaft­sminister Altmaier hat verlauten lassen, dass für »irgendwelc­he kleinteili­gen Prüfungen« als Kriterium für Staatshilf­en keine Zeit sei. Dabei geht es hier nicht um kleinkräme­rische Kontrolle, sondern vielmehr um die Bedingunge­n, die dem Staat in Zukunft die Rückzahlun­g seiner zusätzlich­en Schulden und die Einhaltung der Klimaziele erlauben.

 ?? Foto: Öko-Institut Freiburg ?? Anke Herold ist Geoökologi­n und Geschäftsf­ührerin des ÖkoInstitu­ts Freiburg.
Foto: Öko-Institut Freiburg Anke Herold ist Geoökologi­n und Geschäftsf­ührerin des ÖkoInstitu­ts Freiburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany