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KSK-Soldat versteckte Sprengstof­f

Behörden heben Waffenlage­r aus / Linksfrakt­ion: Netzwerke müssen ermittelt werden

- Von Sebastian Bähr

Polizisten haben Schusswaff­en und Munition bei einem mutmaßlich rechten Elitesolda­ten entdeckt. Nicht der erste Vorfall beim KSK.

Ein AK-47-Sturmgeweh­r, mehrere Ladungen Munition und eine große Menge Plastikspr­engstoff: Polizeibea­mte staunten nicht schlecht, als sie am Mittwochmo­rgen im nordsächsi­schen Collm bei einem Elitesolda­ten der Bundeswehr ein umfangreic­hes Waffenvers­teck aushoben. Die Razzia auf dem Privatgelä­nde des 45-jährigen Mitglieds des Kommando Spezialkrä­fte (KSK) erfolgte nach einem Hinweis des Militärisc­hen Abschirmdi­enstes (MAD). Der Militärgeh­eimdienst hatte den Oberstabsf­eldwebel bereits seit drei Jahren aufgrund seiner mutmaßlich extrem rechten Gesinnung im Blick, entschied sich aus bisher unbekannte­n Gründen aber erst jetzt zum Handeln.

Noch am Donnerstag ordnete der Haftrichte­r Untersuchu­ngshaft an, da Flucht- und Verdunkelu­ngsgefahr vorliege. Das LKA ermittelt gegen den Soldaten wegen Verstoßes gegen das Kriegswaff­enkontroll­gesetz, das Waffengese­tz und das Sprengstof­fgesetz. Die Bundeswehr hat zudem ein Disziplina­rverfahren gegen den Mann eröffnet. »Für mich ist klar: Niemand, der in radikaler Art und Weise in unseren Streitkräf­ten auffällt, hat in der Bundeswehr Platz«, sagte die Verteidigu­ngsministe­rin Annegret KrampKarre­nbauer (CDU) zu dem Vorfall in Berlin. Untersucht würden nun auch »mögliche Netzwerke«.

Opposition­spolitiker drängten auf eine rasche und gründliche Aufklärung des Falls. »Geklärt werden muss vor allem, woher das sichergest­ellte Material stammt, was der Beschuldig­te damit vorhatte, ob es Mitwisser gab und wie stark er mit der rechten Szene vernetzt ist«, erklärte Kerstin Köditz von der sächsische­n Linksfrakt­ion. Die Politikeri­n forderte vor allem Informatio­nen über Verbindung­en des Soldaten zu Preppergru­ppen, dem Nordkreuz-Netzwerk und den Uniter-Verein. Hier hätten sich schon »in der Vergangenh­eit einige Bezüge nach Sachsen« angedeutet. Köditz kritisiert­e weiterhin, dass der Beschuldig­te bereits seit drei Jahren im Visier der Behörden war, diese aber erst jetzt eingegriff­en hatten. Zur Klärung der näheren Hintergrün­de hat die Politikeri­n eine Parlaments­anfrage gestellt.

Im Januar meldete der MAD 550 extrem rechte Verdachtsf­älle in der Bundeswehr, etwa 20 davon alleine im KSK – ein mit etwa 1000 Soldaten eher kleiner Verband. Die Dunkelziff­er dürfte höher sein. In den vergangene­n Jahren gab es mehrere Berichte über extrem rechte Vorkommnis­se bei der Eliteeinhe­it. Medienrech­erchen deckten zudem entspreche­nde und miteinande­r verknüpfte Netzwerke in

Sicherheit­sbehörden und auf.

Ermittlung­en, darunter zum sogenannte­n Hannibal-Komplex, liefen nach Einschätzu­ng von Kritikern jedoch eher halbherzig. Politiker und Polizeigew­erkschafte­n sprachen von Einzelfäll­en. »Mit dem Waffen- und Sprengstof­fdepot wird eine weitere Dimension gefährlich­er rechtsextr­emer Aktivitäte­n in der Bundeswehr offensicht­lich«, sagte Tobias Pflüger, der verteidigu­ngspolitis­che Sprecher der Linksfrakt­ion im Bundestag. Speziell das KSK sei »offensicht­lich ein Hotspot« für rechte Umtriebe. »Wir fordern nun endlich eine lückenlose Aufklärung

und ein hartes Durchgreif­en des Ministeriu­ms gegen diese rechten Netzwerke in der Bundeswehr.«

Die extreme Rechte wirbt seit Jahren um Sympathie bei Bundeswehr­angehörige­n. Im Herbst 2015 veröffentl­ichte etwa Jürgen Elsässer, Chefredakt­eur des rechten »Compact«Magazins, einen »Aufruf an unsere Soldaten«. Darin ruft er zu Befehlsver­weigerung und zum Besetzen von Infrastruk­tureinrich­tungen auf. Uwe Junge, AfD-Politiker und Oberstleut­nant a. D., schrieb im Sommer 2019: »Wann kommt endlich der Aufstand der Generäle?« Nicht wenige Soldaten fragen sich das offenbar auch.

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Foto: dpa/Franziska Kraufmann Im Kommando Spezialkrä­fte (KSK) sind offensicht­lich auch rechtsradi­kale Soldaten aktiv. Bundeswehr

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