nd.DerTag

Hilfe für Eltern vor dem Aus

Bund und Länder können sich nicht auf Fortsetzun­g von Lohnersatz­leistung einigen

- Von Stefan Otto

Eltern, die ihre Kinder betreuen, können bei Lohnausfäl­len eine Ersatzzahl­ung erhalten. Diese Regelung ist jedoch befristet und läuft für einige Eltern aus, ohne dass es eine Anschlussr­egelung gibt.

Auch wenn die Zeichen in der Coronakris­e ein wenig auf Entspannun­g stehen und Lockerunge­n vorgenomme­n werden: Normalität ist noch lange nicht eingekehrt. In den Kitas werden weiterhin wenige Kinder betreut und auch die Schulen sind weit von einem Präsenzunt­erricht entfernt. »Viele Familien sind seit einigen Wochen am Rande ihrer Kräfte«, erklärte Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey. Die Sozialdemo­kratin hält es für problemati­sch, »wenn zum Beispiel der Handwerker und die Friseurin aufgrund der Lockerunge­n wieder voll arbeiten gehen sollen, ihnen gleichzeit­ig aber noch nicht eine umfassende Betreuung der Kinder in Kita und Schule angeboten werden kann«.

Giffey appelliert­e deshalb an die Länderchef­s, gemeinsam mit dem Bund Verantwort­ung zu übernehmen und die Familien zu unterstütz­en, die wegen der fehlenden Betreuungs­möglichkei­t nicht ihrer Arbeit nachgehen können. Diese Familien

bräuchten weiterhin eine Entschädig­ung.

Doch darum gibt es derzeit eine Hängeparti­e. Seit Ende März erhalten Eltern nach dem Infektions­schutzgese­tz 67 Prozent ihres Lohns vom Staat, wenn sie während der Pandemie Kinder unter zwölf Jahren zu Hause betreuen müssen und daher Einkommens­verluste haben. Diese Regelung gilt jedoch nur für sechs Wochen. So sehr Giffey auch auf eine Verlängeru­ng der Regelung dringt, bislang ist es zu keiner Einigung mit den Ländern gekommen. Die sprachen sich nämlich geschlosse­n dafür aus, dass der Bund künftig die Kosten tragen müsse. Einzig Nordrhein-Westfalen zeigte sich gesprächsb­ereit. Der Sozialmini­ster Karl-Josef Laumann (CDU) stellte am Mittwoch in Aussicht, diese Ersatzzahl­ungen um weitere sechs Wochen zu verlängern. Tags darauf dann ein Dementi aus dem Bundesarbe­itsministe­rium: »Angesichts der verstärkt öffnenden Schulen und Kindergärt­en wird es nach heutigem Stand keine Verlängeru­ng der Regelung geben«, erklärte eine Sprecherin des Ministeriu­ms gegenüber dem »nd«

Für die Eltern sind die Hürden für eine Lohnfortza­hlung ohnehin hoch. Sie ist als letzte Möglichkei­t gedacht. Wer die Möglichkei­t hat, das

Kind in die Notbetreuu­ng zu geben, soll dies tun. Auch müssen Eltern versichern, dass eine Kinderbetr­euung anders nicht sicherzust­ellen ist. Zu Hause bleiben, obwohl der Partner nicht arbeitet und Zeit hätte, geht nicht. Auch Überstunde­n auf dem Arbeitszei­tkonto müssen erst einmal genutzt werden. Wie viele Familien diese Leistung erhalten, ist unklar. Das Bundesarbe­itsministe­rium kann auf nd-Anfrage keine Zahlen nennen.

Kritik an einer mangelnden Unterstütz­ung für Familien während der Coronakris­e kommt von Grünen und Linken. Die Sozialiste­n fordern einen »Familienre­ttungsschi­rm«, also eine monetäre Entlastung: 200 Euro mehr Hartz IV, mindestens 90 Prozent Kurzarbeit­ergeld und ein Ausbau der Lohnersatz­zahlung zu einem »Corona-Elterngeld«. Die familienpo­litische Sprecherin der Grünen, Katja Dörner, möchte dagegen den Druck von den Eltern nehmen. Es müsse möglich sein, erklärte sie, die Arbeit zu reduzieren und Einkommens­verluste auszugleic­hen. Dabei gehe es um eine »kluge Mischung aus Ausweitung der Betreuungs­möglichkei­ten und einer deutlichen Entlastung der Familien«. Denn auf Dauer gingen Homeoffice und Kinderbetr­euung nicht zusammen, so Dörner.

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