nd.DerTag

Streit statt Verbot

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Uwe Kalbe über den Impuls, Coronademo­s zu ächten

Demonstrat­ionsrecht ist kein Gnadenrech­t. Der Staat hat es nicht zu gewähren, sondern zu gewährleis­ten. Und so ist Jens Spahn zuzustimme­n, der für Verständni­s gegenüber – friedliche­n – Demonstran­ten wirbt. Selbst Verwirrung ist in diesen Tagen nachvollzi­ehbar und kein Grund, das Bedürfnis nach öffentlich­er Äußerung zu diffamiere­n. Ignorierte Abstandsre­geln, also die Behauptung, Demonstran­ten vor Ansteckung und damit vor sich selbst schützen zu wollen, sind jedenfalls eine fadenschei­nige Begründung, das Grundgeset­z außer Kraft zu setzen.

Und so bleibt von der Kritik an den Demonstran­ten am Ende die Kritik daran, wofür oder wogegen sie demonstrie­ren. Dies bildet den Kern der Empörung, nicht der Verstoß gegen eine Coronaaufl­age. Absurde Positionen öffentlich zu machen, ist erlaubt. Selbst die, es gebe kein Corona – Abstandsre­geln auch bei Demos seien deshalb Humbug oder die Idee einer anonymen Weltregier­ung. Dass rechte Welterklär­er sich hier gern tummeln, ist kein Wunder. Doch wer etwas gegen Verschwöru­ngstheorie­n tun will, muss sie widerlegen, nicht verbieten. Ansonsten droht allein ein Vorwurf, womöglich Verdacht zum Motiv von Restriktio­n zu werden – auch eine Art Verschwöru­ngstheorie. Zur Not hilft nichts besser, als selbst demonstrie­ren zu gehen. Am besten unter Einhaltung des Abstands.

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