15 Minuten gegen Sexismus
Netzwoche
Zur besten Sendezeit am Mittwochabend mussten sich nun endlich auch einmal Millionen von Männern mit sexistischen Kommentaren im Netz und Gewalt gegenüber Frauen auseinandersetzen: Die beiden Fernsehspaßvögel Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf nutzten 15 Minuten Sendezeit für eine Ausstellung mit dem Titel »Männerwelten«. »Diese Ausstellung ist nichts für schwache Nerven«, erklärte Autorin und Moderatorin Sophie Passmann, die durch die Ausstellung führte.
Was in den nächsten Minuten folgte, ist die grausame Realität, mit der es in der Öffentlichkeit stehende Frauen zu tun haben: der tagtägliche Sexismus. Zum Beispiel eine endlose Reihe an Dick-Pics, Bilder von Penissen, die ungefragt zugeschickt werden. Das Versenden solcher Fotos ist nach Paragraf 184 Strafgesetzbuch strafbar. Für prominentere Frauen gehört es quasi zur Jobbeschreibung, Sexismus ertragen zu müssen, betonte Passmann. Aber nicht nur das: Jede zweite Frau in Deutschland hat schon mal sexuelle Belästigung erlebt. Einige von ihnen berichten von Übergriffen durch Taxifahrer oder
Nachbarn und von Männern, die im Restaurant ihren Penis auspacken, voller Erwartung auf – ja, was denn eigentlich?
Im Netz werden Joko und Klaas gerade vielfach gelobt, und der Sender Pro7 schmückt sich mit dem 15- minütigen Kampf gegen Sexismus. Das ist heuchlerisch, immerhin ist Sexismus auf dem privaten Sender Dauerprogramm. Kritiker*innen im Netz weisen auf Doppelmoral hin: So war an diesem Abend auch der Rapper Sido zu Gast, also jemand, der mit dem verherrlichenden Rappen über sexuelle Gewalt sein Geld verdiente. Auch die Zusammenarbeit mit der Organisation Terre des Femmes wird kritisiert. Diese verbreite regelmäßig antimuslimische Ressentiments, außerdem lehne sie den Begriff Sexarbeit ab. Auch ein intersektionaler Blick, also die Berücksichtigung von nichtweißen, queeren, Trans-Frauen oder Frauen mit Behinderung, fehle völlig. Sie sind noch viel häufiger Opfer sexualisierter Gewalt.
Den Dick-Pic-Exponaten folgen Nachrichten und Kommentare an Frauen: »Deine Lippen passen jedenfalls super zu meinem Schwanz«, »Würde ihn dir überall reinstecken« und »Dreckige Hure« sind nur Ausschnitte davon.
»Männerwelten ist eine Dauerausstellung«, sagt Passmann zurecht. Denn in einer Welt, in der es zwei Männer braucht, damit Moderatorinnen zur besten Sendezeit über sexualisierte Gewalt reden können, wird an Frauen verübte Gewalt von Männern so schnell nicht verschwinden. Da ist es unangemessen, Joko und Klaas übermäßige Dankbarkeit zu schenken für etwas, was selbstverständlich sein sollte – der Kampf gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt.