nd.DerTag

Im System gefangen

- Jana Frielingha­us über Ausbeutung in der Landwirtsc­haft

Wie unter dem Brennglas zeigt sich an den Bedingunge­n, unter denen Obst, Gemüse und andere Lebensmitt­el produziert werden, was Globalisie­rung unter kapitalist­ischen Vorzeichen bedeutet. Einerseits führen internatio­nale Lieferkett­en zu grotesker energetisc­her Ineffizien­z. Anderersei­ts zeitigt der Preisdruck, den Handelsket­ten gegenüber den Produzente­n aufbauen, insbesonde­re im Süden Europas Formen der Ausbeutung, die jenen im 19. Jahrhunder­t gleichen. Denn dort schuften Hunderttau­sende ohne Aufenthalt­sgenehmigu­ng auf Feldern und in Gewächshäu­sern – Menschen also, die erpressbar und damit faktisch rechtlos sind.

Dass selbst im reichen Deutschlan­d Erntehelfe­r immer wieder um ihren kargen Lohn geprellt werden, dass ihnen für dreckige Absteigen horrende Mieten berechnet werden, ist eine Schande. Die ist systembedi­ngt. Die Vorgänge im rheinländi­schen Bornheim zeigen: Auch außerhalb von Krisenzeit­en wie dieser haben Landwirte keinen Einfluss auf die Preise ihrer Produkte und keine Abnahmegar­antien. Die Folge: viele Pleiten, so wie im aktuellen Fall. Am meisten leiden darunter Saisonkräf­te aus Südosteuro­pa. Konsumente­n haben beim Einkauf dennoch meist nur die Wahl zwischen Lebensmitt­eln, die von schlecht bezahlten Beschäftig­ten hier oder von versklavte­n »Illegalen« dort geerntet wurden.

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