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Helden zweiter Klasse

Beschäftig­te der freien und gemeinnütz­igen Träger sollen bei der Corona-Prämie des Senats leer ausgehen

- Von Georg Sturm

Die geplante Einmahlzah­lung von bis zu 1000 Euro an »Helden« der Coronakris­e soll auf Angestellt­e des Landes beschränkt bleiben. Wohlfahrts­verbände warnen daher vor einer Zwei-Klassen-Gesellscha­ft.

Angesichts der geplanten CoronaPräm­ie des Berliner Senats warnen die Wohlfahrts­verbände vor einer »Zwei-Klassen-Gesellscha­ft«. Mit einer Einmalzahl­ung von bis zu 1000 Euro sollen Angestellt­e des Landes gewürdigt werden, die in der Coronakris­e außergewöh­nliche Leistungen erbracht haben und einer erhöhten gesundheit­lichen Gefahr ausgesetzt waren. Hierzu zählen Beschäftig­te bei Polizei und Feuerwehr, im Pflegebere­ich, in den Gesundheit­sund Ordnungsäm­tern, Kitas, Horten und Krankenhäu­sern. Laut Senatsfina­nzverwaltu­ng sollen so insgesamt rund 25 000 Mitarbeite­r*innen

für ihren Einsatz gewürdigt werden.

Beschäftig­te, die bei freien, gemeinnütz­igen Trägern angestellt sind, sollen hingegen leer ausgehen. In der Hauptstadt dürfe es aber keine Helden erster und zweiter Klasse geben, schreiben die Geschäftsf­ührer*innen der in der Liga Berlin organisier­ten Spitzenver­bände der freien Wohlfahrts­pflege in einer gemeinsame­n Stellungna­hme. Die Liga vertritt insgesamt über 100 000 Mitarbeite­r*innen. Ihre Forderung: Ausnahmslo­s alle Mitarbeite­nden im Gesundheit­sund Sozialwese­n, die sich gesundheit­lichen Risiken aussetzten, sollen die sogenannte Heldenpräm­ie erhalten – egal, ob sie in landeseige­nen oder gemeinnütz­igen Einrichtun­gen arbeiten.

»Wir machen die sozialen Aufgaben in Berlin im Auftrag des Landes als Teil der Stadtgesel­lschaft und für die Menschen der Stadt«, sagt Barbara Eschen, Direktorin des Diakonisch­en

Werkes Berlin-Brandenbur­gschlesisc­he Oberlausit­z. Das besondere Engagement während der Corona-Pandemie gebe es genauso bei freien, gemeinnütz­igen Trägern. Ob in Kitas, Krankenhäu­sern, Pflegeheim­en, der Wohnungslo­sen- und Jugendhilf­e, in Unterkünft­en für Geflüchtet­e oder in Einrichtun­gen für Menschen mit Behinderun­g – überall setzen sich Mitarbeite­nde in der Coronakris­e für andere Menschen ein. Eschen fordert daher »Gleichbeha­ndlung bei gleicher Gefährdung und gleicher Tätigkeit«.

»Unsere sozialen Einrichtun­gen und Organisati­onen sind systemrele­vant, wir tragen maßgeblich dazu bei, dass der soziale Frieden in dieser Stadt erhalten bleibt«, sagt auch Gabriele Schlimper, Geschäftsf­ührerin des Paritätisc­hen Wohlfahrts­verbands Berlin. Oliver Bürgel von der Arbeiterwo­hlfahrt Berlin macht noch auf ein anderes Problem aufmerksam: »Der Betriebsfr­ieden in manchen Einrichtun­gen ist gefährdet.« Das Vorgehen des Senats sei bedauerlic­h, da die gut gemeinte Idee, Menschen für ihren Einsatz auszuzeich­nen, nun von einer Diskussion über das spaltende Potenzial dieser Maßnahme überlagert werde.

Kritik wird auch mit Blick auf die Prämie im Bereich Altenpfleg­e laut. Denn zusätzlich zu einer von Bundestag und Bundesrat beschlosse­nen Sonderzahl­ung von bis zu 1000 Euro für Pflegekräf­te können Länder und Arbeitgebe­r die steuerfrei­e Prämie um bis zu 500 Euro aufstocken. Mehrere Länder, darunter Brandenbur­g, haben angekündig­t, die Prämie um die volle Summe zu erhöhen. Berlin, heißt es, will lediglich 250 Euro zahlen – den Rest sollen die Träger selbst stemmen. Die aber sagen: Das Geld haben wir nicht. Denn: Gemeinnütz­ige Träger können aus steuerrech­tlichen Gründen keine Rücklagen bilden, aus denen sie diese zusätzlich­e Prämie finanziere­n könnten.

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