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1000 Liter am Tag für die Deutsche Bahn

- Von Wilhelm Pischke

Die Bahn betreibt ein weitgefäch­ertes Netz aus Unternehme­n. Unter anderem ein Labor für Bodenunter­suchungen – und das stellt in der Coronakris­e Desinfekti­onsmittel her.

In einem Industrieg­ebiet am Rande von Brandenbur­g an der Havel wirbeln drei Chemielabo­ranten in einer Lagerhalle. Ausgestatt­et mit Gesichtssc­hutz und Messbehält­ern mischen sie nach und nach in Hunderten Kanistern Desinfekti­onsmittel für die Deutsche Bahn an. Insgesamt etwa 1000 Liter des Handdesinf­ektionsmit­tels gingen hier in etwa täglich raus, sagt die Leiterin des Umweltlabo­rs der Bahn, Tabea Mettler-Altmann.

Die Arbeit sei kein Hexenwerk, betont Mettler-Altmann. Wer eine hochmodern­e Abfüllanla­ge erwartet, wird enttäuscht. »Die Herstellun­g des Desinfekti­onsmittels ist eine simple Labortätig­keit.« Die Mitarbeite­r stellten das Gemisch neben dem normalen Tagesbetri­eb her, so Mettler-Altmann. »Das ist keine tagesfülle­nde Aufgabe und dennoch ziehe ich den Hut vor dem Einsatz unserer Belegschaf­t.«

Seit etwa einem Monat werde in dem Labor, in dem normalerwe­ise Boden- und Schotterpr­oben auf Gift- und Schadstoff­e untersucht werden, Handdesinf­ektionsmit­tel produziert, sagt Philipp Tentrop, Leiter des Umweltserv­ices der DB Engineerin­g & Consulting GmbH. Als der Engpass bei Desinfekti­onsmitteln zu Beginn der Krise auch bei der Bahn spürbar wurde, kam der Gedanke, das Labor für die Herstellun­g zu nutzen. Eine Rezeptur – veröffentl­icht von der Weltgesund­heitsorgan­isation – habe man schließlic­h umgesetzt. Lediglich vier »Rohstoffe« habe man dafür beschaffen müssen: den Hauptbesta­ndteil Isopropano­l, Wasserstof­fperoxid, Wasser und Glycerol. Hinzu kamen Ausgaben für die Kanister und den Arbeitssch­utz. »Wir liegen mit unseren Kosten bisher im fünfstelli­gen Bereich«, sagt Laborleite­rin Mettler-Altmann.

Das Desinfekti­onsmittel kommt nach Angaben einer Bahn-Sprecherin an verschiede­nen Stellen im Konzern an. Wie lange die Produktion des Desinfekti­onsmittels am Standort Brandenbur­g weiterlauf­en soll, ist noch ungewiss. »Es soll nicht unser Standardge­schäft werden«, betont Tentrop. Bis Ende des Jahres werde man aber voraussich­tlich noch weiterprod­uzieren. »Wir merken, dass der Bedarf noch da ist. Die DB Regio hat erst vor Kurzem nachgeorde­rt.« Mit der laufenden Herstellun­g habe die Bahn einen verlässlic­hen Lieferante­n, sagt Tentrop.

Nun sieht der Verbund für Angewandte Hygiene die Herstellun­g von Desinfekti­onsmitteln von vermeintli­ch »fachfremde­n« Unternehme­n mitunter durchaus kritisch. Philipp Tentrop kann diese Kritik zwar nachvollzi­ehen, sieht sein Labor jedoch nicht als »fachfremd« an. »Wir liefern hier ganz klare Apothekenq­ualität.« Außerdem sei die Herstellun­g des Desinfekti­onsmittels internatio­nalisiert und recht simpel. Die 40 Mitarbeite­r sind mit der zusätzlich­en Tätigkeit zufrieden. »Für uns ist das auch mal eine willkommen­e Abwechslun­g«, sagt etwa Chemielabo­rant Ron Peterlein.

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Foto: dpa/Robert Michael Reinigungs­kraft am Zug

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