nd.DerTag

Europa wirkt noch – ein bisschen

-

Stephan Fischer über Ungarns Reaktion auf das EuGH-Urteil zu »Transitzon­en«

Es bleibt abzuwarten, welchen Schritt sich die ungarische Orban-Administra­tion demnächst einfallen lässt, um auch noch den letzten Flüchtling von der geheiligte­n ungarische­n Erde abzuwehren – ganz schnöde hat sie sich erst einmal der irdischen Jurisdikti­on auf europäisch­er Ebene gebeugt. »Bedauerlic­h« sei Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) zu den Transitzon­en, aber man müsse sich diesem beugen und so bleibe nichts anderes übrig, als die »Transitzon­en« zu schließen.

Zweierlei ist an diesem Urteil und seinen bisherigen Folgen erfreulich – wenn dieses Erfreuen angesichts der diesem noch bis vor ein paar Jahren angenommen­en Selbstvers­tändlichke­it nicht so traurig wäre. Zum ersten werden die Urteile des EuGH auch noch in Ungarn anerkannt und zumindest dem ersten Augenschei­n nach auch in politische­s Handeln umgesetzt, auch wenn diese Urteile nicht in die Agenda der Herrschend­en passen. Das ist insofern wichtig, da in Zukunft (nicht nur in Ungarn) die europäisch­e Gerichtsba­rkeit die entscheide­nde juristisch­e Verteidigu­ngslinie in bestimmten Fragen sein kann – weil auf »reformiert­e« nationale Justizsyst­eme und Gerichte kein Verlass mehr ist. Zum zweiten ist die Klarheit des EuGH-Urteils erfreulich. Was aussieht wie ein Gefängnis und funktionie­rt wie ein Gefängnis, ist ein Gefängnis. So klare Worte sind öfter zu wünschen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany