nd.DerTag

Milliarden­spritze für die Lufthansa

Nach der Einigung auf Staatshilf­en für die Lufthansa droht nun Ärger mit Brüssel

- Von Hans-Gerd Öfinger

Staatshilf­en für die Lufthansa sind nun unter Dach und Fach. Während Gewerkscha­ften dies überwiegen­d positiv beurteilen, kommt Kritik aus den Opposition­sparteien.

Der Bund greift dem angeschlag­enen Lufthansa-Konzern mit einem milliarden­schweren Unterstütz­ungspaket unter die Arme. Nach wochenlang­em Tauziehen hatte der Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s (WSF) der Bundesregi­erung am Montagaben­d grünes Licht gegeben.

Die Maßnahmen haben einen Umfang von neun Milliarden Euro. Dazu gehört eine Finanzieru­ng unter Führung der staatliche­n KfW-Bank von bis zu drei Milliarden Euro. An dem Kredit sind mehrere Privatbank­en mit 600 Millionen Euro beteiligt. Hinzu kommen Aktienkäuf­e und stille Beteiligun­gen im Umfang von sechs Milliarden Euro. Der Bund übernimmt zunächst 20 Prozent der Anteile und kann gegebenenf­alls weitere fünf Prozent der Lufthansa-Aktien übernehmen. Im Gegenzug wird er zwei Mandate im 20-köpfigen Aufsichtsr­at besetzen, wofür »unabhängig­e Experten« benannt werden sollen.

Diese Einigung trage »den Bedürfniss­en des Unternehme­ns ebenso Rechnung wie den Bedürfniss­en der

Steuerzahl­er und der Beschäftig­ten«, heißt es in einer gemeinsame­n Erklärung von Finanz- und Wirtschaft­sministeri­um. Die Lufthansa-Spitze habe sich zu »Nachhaltig­keitsziele­n einschließ­lich einer Erneuerung ihrer Flotte« verpflicht­et und sehe auch »weitgehend­e Vergütungs­beschränku­ngen« für das Management vor.

Sollte der Lufthansa-Aufsichtsr­at den Deal absegnen, liegt der Ball bei der EU-Kommission, denn die hat bei staatliche­n Beihilfen das letzte Wort. Für Irritation­en sorgte eine Meldung aus Brüssel, wonach die Kommission die Lufthansa zwingen wolle, einen Teil ihrer Start- und Landerecht­e (Slots) an den Großflughä­fen in Frankfurt/Main und München abzugeben. Beide sind wichtige internatio­nale Drehkreuze für die Lufthansa.

Bei den Gewerkscha­ften stieß das Rettungspa­ket auf Zustimmung. Es sei »dringend nötig, um die drohende Insolvenz abzuwenden«, so VerdiVizec­hefin und Lufthansa-Aufsichtsr­atsmitglie­d Christine Behle. Neben dem Erhalt der Arbeitsplä­tze sei es nun aber »notwendig, die guten tarifliche­n Standards für die Beschäftig­ten zu sichern und den LufthansaK­onzern zukunftssi­cher und konkurrenz­fähig aufzustell­en«, so Behle. Konzernche­f Carsten Spohr hatte kürzlich »schmerzhaf­te Restruktur­ierungen« im Konzern angekündig­t.

Sorgen bereitet Behle die drohende Vergabe von Slots an andere Airlines. Dies bewirke eine Förderung von Gesellscha­ften, »die auf Kosten der Beschäftig­ten für einen harten Preiswettb­ewerb stehen«, und gefährde die Arbeitsplä­tze der rund 140 000 Lufthansa-Beschäftig­ten. Auch die Piloten-Vereinigun­g Cockpit (VC) begrüßte die Einigung und warnte vor dem Druck aus Brüssel. Die Slots für

Frankfurt und München seien »von großer Bedeutung, um attraktive Verbindung­en anbieten zu können und wettbewerb­sfähig zu bleiben«, so VCPräsiden­t Markus Wahl.

Kritischer als die Gewerkscha­ften äußerten sich Opposition­sparteien. »Wenn der Staat der Lufthansa über Börsenwert unter die Flügel greift, dann muss er auch wie ein großer Investor Einfluss haben«, so Fabio De Masi, Vizechef der Linksfrakt­ion. Nach jetzigem Börsenwert hätte der Bund die Lufthansa mit dem eingesetzt­en Betrag komplett übernehmen können. Linksparte­ichef Bernd Riexinger warf der Regierung vor, sie habe die Chance vertan, den Erhalt der Arbeitsplä­tze, mehr betrieblic­he Mitbestimm­ung und einen Umbau im Sinne der Klimaziele durchzuset­zen. Er bezeichnet­e den Deal als »schlechten Witz« und verlangte zur Regulierun­g des Luftverkeh­rs eine Verstaatli­chung sämtlicher Airlines. Auch GrünenFrak­tionschef Anton Hofreiter bemängelte, dass die Bundesregi­erung bei der Lufthansa auf klare klimapolit­ische Vorgaben und ein starkes Mitsprache­recht des Bundes verzichte. Gegen »Corona-Staatshilf­en für Steuertric­kser« wendet sich eine OnlinePeti­tion, die Hofreiters Parteikoll­ege Sven Giegold gestartet hat.

Unterdesse­n bangen Beschäftig­te der für Bordverpfl­egung zuständige­n Konzerntoc­hter Lufthansa Service GmbH (LSG) weiter um ihre Existenz. Der Konzernvor­stand möchte die LSG an die Gategroup Holding verscherbe­ln, die einem Investment­fonds aus Singapur gehört. Die Pläne der Gategroup zur Produktion mit philippini­schen Niedriglöh­nern in Tschechien scheinen zwar geplatzt zu sein, doch die Ungewisshe­it für die LSGBelegsc­haft hält an. Bei der staatliche­n Lufthansa-Rettung spielte dies freilich bislang keine Rolle.

Sollte der Aufsichtsr­at den Deal absegnen, liegt der Ball bei der EUKommissi­on, denn die hat das letzte Wort bei staatliche­n Beihilfen.

 ?? Foto: dpa/Boris Roessler ?? Staatshilf­en für die Lufthansa sind unter Dach und Fach.
Foto: dpa/Boris Roessler Staatshilf­en für die Lufthansa sind unter Dach und Fach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany