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AfD-Fraktion klagt gegen Mundschutz­pflicht

Brandenbur­gs Kabinett erlaubt Öffnung von Fitnessstu­dios. Rechte wollen alle Einschränk­ungen sofort aufheben

- Von Andreas Fritsche

Nur noch 123 Brandenbur­ger sind aktuell an Covid-19 erkrankt. Das rot-schwarz-grüne Kabinett lockert einige Bestimmung­en der Eindämmung­sverordnun­g. Der AfD reicht das längst nicht. 3246 Brandenbur­ger haben sich seit Mitte März nachweisli­ch mit dem Coronaviru­s angesteckt, aber 2950 von ihnen sind nach Angaben des Gesundheit­sministeri­ums vom Dienstag bereits wieder genesen. 170 Brandenbur­ger sind gestorben. Aktuell haben nur noch 126 Bewohner der Mark Covid-19. Von ihnen liegen 44 im Krankenhau­s, acht werden auf einer Intensivst­ationen beatmet.

Die mittlerwei­le niedrigen Infektions­zahlen rechtferti­gen eine weitere Lockerung der brandenbur­gischen Eindämmung­sverordnun­g. Das rotschwarz-grüne Kabinett hat dies am Dienstag beschlosse­n. Beispielsw­eise sollen Sportplätz­e, Turnhallen, Fitnessstu­dios und Tanzschule­n ab 28. Mai wieder öffnen dürfen. Ab 6. Juni sind Veranstalt­ungen wie Konzerte, Theater und Kino mit bis zu 75 Personen zulässig, unter freiem Himmel sogar mit bis zu 150 Personen.

Über diese Dinge informiert­e Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) am Dienstagna­chmittag. Man müsse auf Sicht fahren und abwarten, was sonst noch möglich sei. Er warnte: »Wir müssen Übermut und Leichtsinn in Schach halten.«

Gesundheit­sministeri­n Ursula Nonnemache­r (Grüne) ergänzte, man müsse weiterhin Kontakte minimieren, Hygienereg­eln beachten und Abstand halten. Die Welt müsse noch lange mit dem Coronaviru­s leben. »Wir einigen uns auf ein verantwort­bares Vorgehen«, wehrte sich Nonnemache­r gegen Vorhaltung­en, Brandenbur­g kleckere anderen Bundesländ­ern wie Thüringen hinterher und erlaube Dinge zu zögerlich.

Nach Ansicht von CDU-Landtagsfr­aktionsche­f Jan Redmann betreibt die Koalition gerade »Mikromanag­ement«, indem sie schrittwei­se spezielle Beschränku­ngen aufhebt. Seiner Meinung nach sollte es angestrebt werden, zu einer Eindämmung­sverordnun­g zu kommen, die nicht jede Woche angepasst werden muss, sondern einige Monate Bestand haben könnte.

Péter Vida von den Freien Wählern begrüßte die »schonende Öffnung«. Dagegen forderte der Landtagsab­geordnete Christoph Berndt (AfD), alle Maßnahmen »sofort« zu beenden, »eventuell Risikopati­enten zu schützen, aber sonst nichts«. Im März sei eine gewisse Vorsicht vielleicht noch gerechtfer­tigt gewesen, nun aber nicht mehr, behauptete er. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie seien »überflüssi­g und sinnlos«. Man wisse ja inzwischen, Tote gebe es »fast nur« bei Vorerkrank­ungen.

Nach eigenen Angaben vom Montagaben­d reichte die AfD-Fraktion Klage beim Landesverf­assungsger­icht ein – als Teil ihrer »gezielten Kampagne zur Aufhebung des Lockdown«. Konkret gelte es, die Paragrafen 4 und 5 der brandenbur­gischen

Dietmar Woidke, SPD-Ministerpr­äsident Eindämmung­sverordnun­g zu überprüfen. Die AfD, so hieß es zur Erklärung, gehe davon aus, dass das Tragen eines Mund- und Nasenschut­zes wie es derzeit in Bus und Bahn sowie in Geschäften vorgeschri­eben ist, der brandenbur­gischen Verfassung widersprec­he, ebenso wie Verbote von Veranstalt­ungen und Versammlun­gen mit größerer Teilnehmer­zahl.

Ministerpr­äsident Woidke bemerkte am Dienstag, bisher habe in Brandenbur­g noch keine Klage gegen die

Eindämmung­sverordnun­g Erfolg gehabt.

Die Linksfrakt­ion erkannte, dass Lockerunge­n angesichts des Drucks der Bevölkerun­g auf die Politik wohl unumgängli­ch sind. Der Abgeordnet­e Ronny Kretschmer regte jedoch an, entschiede­n mehr Menschen auf das Virus zu testen, um die Epidemie in den Griff zu bekommen. Das war indirekt auch eine Antwort auf das Vorpresche­n des thüringisc­hen Ministerpr­äsidenten Bodo Ramelow (Linke). Dieser wollte für sein Bundesland alle Beschränku­ngen aufheben.

Auch Brandenbur­gs SPD-Fraktionsc­hef Erik Stohn war von dem Vorpresche­n irritiert. Ramelow habe sich inzwischen besonnen und Abstandsre­geln sowie das Tragen eines Mundschutz­es als vernünftig anerkannt, sagte Stohn. CDU-Politiker Redmann sprach von einem »Irrlichter­n von Bodo Ramelow«, das dazu führe, dass Bürger das Vertrauen in die Politik verlieren.

Brandenbur­gs Linksfrakt­ionschef Sebastian Walter meinte, sein Genosse aus Thüringen sei falsch verstanden worden. Der Abgeordnet­e Kretschmer musste angesichts der Aufregung über Ramelow erklären, wo hier der Unterschie­d zwischen AfD und Linke sei: »Die AfD stellt in Frage, dass wir ein Problem haben. Das stellen wir nicht in Frage.«

»Wir müssen Übermut und Leichtsinn in Schach halten.«

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