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Fahrradweg gegen Abwrackprä­mie

Verkehrswe­nde-Aktivisten feiern die Verschiebu­ng des Autogipfel­s als Erfolg.

- Von Sebastian Weiermann

Der Aktionstag für eine Verkehrswe­nde und gegen die angedachte Abwrackprä­mie begann in Berlin schon in den frühen Morgenstun­den. Auf 170 Metern wurde in der Kienitzer Straße im Bezirk Neukölln ein provisoris­cher Fahrradweg errichtet. Aktivisten unter anderem von Attac und dem Bündnis »Sand im Getriebe«, das im letzten Jahr spektakulä­r die Frankfurte­r Automesse IAA blockierte, hatten für Freitag zum Aktionstag aufgerufen.

»Jegliche Staatshilf­en müssen an den sozial-ökologisch­en Rück- und Umbau der Autoindust­rie geknüpft werden«, forderte die Sprecherin von »Sand im Getriebe« Marie Klee. Sie kündigte an: »Wir bleiben aktiv und laut, bis eine radikale Verkehrswe­nde endlich eingeleite­t und klimagerec­hte Mobilität für alle ermöglicht wird!« Thomas Eberhardt-Köster vom bundesweit­en Attac-Koordinier­ungskreis kritisiert­e vor allem die

Gleichzeit­igkeit, mit der die Autoindust­rie Dividenden ausschütte­t und nach Staatshilf­e ruft. »Angesichts des drohenden Klimakolla­pses ist es nicht nur absurd, sondern auch dreist, weitere Steuermill­iarden in die Förderung des individuel­len Autoverkeh­rs zu stecken, während die Aktionär*innen der Autokonzer­ne weiter Dividenden erhalten.« Stattdesse­n fordert Eberhard-Köster, das Geld in Erhalt und Ausbau öffentlich­er Verkehrsmi­ttel zu stecken.

Um ihre Ziele deutlich zu machen, veranstalt­eten die Verkehrswe­nde-Aktivisten am Freitag in etwa 30 Städten Kundgebung­en, Fahrraddem­os und andere Aktionen. Bei einer Kundgebung vor der Berliner Senatsverw­altung für Gesundheit schlug »Sand im Getriebe« vor, dass das Geld für Autokonzer­ne lieber für eine bessere Bezahlung und eine bessere Ausstattun­g im Gesundheit­swesen ausgegeben werden sollte.

Die Aktivisten aus der Klimabeweg­ung sind allerdings nicht allein mit ihrer Kritik an der Abwrackprä­mie. In einer Umfrage des MDR in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sprachen sich drei Viertel der Befragten gegen Finanzhilf­en beim Neuwagenka­uf aus. Auch der Vorsitzend­e der »Wirtschaft­sweisen«, Lars Feld, lehnt die Abwrackprä­mie ab und fordert allgemeine Konjunktur­pakete. Ebenso gibt es in der CDU-Fraktion Widerstand gegen die Hilfen. Der für kommenden Dienstag im Kanzleramt geplante Autogipfel, bei dem über die Prämien beraten werden sollte, wurde verschoben. Marie Klee vons »Sand im Getriebe« feiert dies als ersten Erfolg. »Der breite Widerstand und Protest zeigt Wirkung! Obwohl die Autoindust­rie einen viel zu engen Draht zur Bundesregi­erung hat, wurde die Entscheidu­ng über eine Abwrackprä­mie jetzt zum zweiten Mal vertagt«, so die Aktivistin.

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