Kinder und Eltern
Kinder seien grausam, sagen die Erwachsenen. Zur Hälfte zumindest, zur anderen sind sie die Besten. Wer Kinder hat, für den ist nichts mehr, wie es einmal war, meint ein sichtlich angestrengter Bill Murray in Sofia Coppolas Film »Lost in Translation« (2003). Das ist furchtbar. Andererseits, meint er, sei es auch wunderbar – zu sehen, wie die Kinder anfangen zu laufen und zu sprechen.
Doch was ist mit den Eltern? Das fragen sich interessierte Beobachter zum Internationalen Kindertag am Pfingstmontag. Eltern sind auch grausam – oder werden von ihren Kindern so empfunden. Versteht man die? Und verstehen die ihre Kinder? Verstehen sich beide Elternteile? 50 Prozent der Paare trennen sich im ersten Jahr nach der Geburt des Kindes. Da ist irgendetwas unterkomplex, hätte Niklas Luhmann früher gesagt. Aber Luhmann ist aus der Mode.
Eltern sind das natürlich nie. Sie sind unvermeidbar. Ebenso die Angst des Kindes, sie zu enttäuschen. Die Eltern verlangen doch nur, dass man dankbar sein soll. Dafür, dass man existiert. Früher war das Gott vorbehalten, heute soll sich jeder selbst erfinden. Aber bitte nicht zu originell, das könnte Schwierigkeiten geben, in Schule und Ausbildung.
Die Kindheit wurde ungefähr im 16. Jahrhundert vom Bürgertum erfunden. Im Anschluss kam die Kleinfamilie und, nicht zu vergessen, die Unterdrückung der Frau. Mit diesem Mist muss man sich immer noch herumschlagen. In aller heiligen Privatheit. Und dann kommt schon wieder nichts im Fernsehen. Noch nicht mal auf Netflix. Stattdessen kommen die Eltern zu Besuch.
Mit Kindern aber kann man sich gut unterhalten. Sogar mit Eltern. Insgesamt gesehen. Doch wer lebt schon insgesamt?