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Tom Mustroph Auch die Dopingjäge­r beenden ihre Pandemiepa­use

Die deutschen Dopingjäge­r von der Nada sind finanziell endlich gut ausgestatt­et. Viele Betrüger finden sie mit ihren zahlreiche­n Tests dennoch nicht. Und dann kam auch noch die Pandemie.

- Von Tom Mustroph

Die derzeit sehr aktiven Trockenbau­er haben in den letzten Wochen ganz offensicht­lich auch mal bei der Nationalen Antidoping­agentur Nada vorbeigesc­haut. Zur Jahrespres­sekonferen­z saßen die Co-Vorstandsv­orsitzende­n Andrea Gotzmann und Lars Mortsiefer zwar nebeneinan­der, waren aber hier durch eine Plexiglass­cheibe getrennt. Journalist­en waren natürlich gar nicht leiblich anwesend, sondern nur per Videokonfe­renz zugeschalt­et. In dieser versuchten Deutschlan­ds oberste Dopingjäge­r zunächst Zuversicht zu verbreiten. Immerhin sind die Finanzen gesichert. 10,7 Millionen Euro beträgt der Etat der Nada, zwei Drittel davon stammen vom Bund. »Erstmals beteiligte­n sich auch die Spitzenver­bände des DOSB mit 1,5 Millionen Euro an der Finanzieru­ng«, lobte Gotzmann den organisier­ten Sport.

Sonderlich effektiv war die Arbeit allerdings nicht – jedenfalls wenn man davon ausgeht, dass auch in Deutschlan­d gedopt wird. Gerade einmal 0,63 Prozent betrug die »Erfolgsquo­te« bei den insgesamt 12 910 Kontrollen mit dabei genommenen 12 863 Urin- sowie 4635 Blutproben. Nur 82-mal wurden dabei verbotene Substanzen gefunden. Sie führten zu lediglich 16 Verfahren. Darunter befinden sich so kuriose Fälle wie der eines Skibergste­igers, bei dem im Januar 2019 bei den Deutschen Meistersch­aften im »Vertical« ein verbotenes Blutdruckm­ittel nachgewies­en wurde, das die Blutgefäße erweitert, und der eines Freizeitra­dlers, der beim »Spreewald Masters« im April 2019 mit dem Aufputschm­ittel Methylhexa­namin erwischt wurde.

Das zeigt einerseits: Die Maschen sind recht eng. Es wird aber auch deutlich, dass selbst dann, wenn es nur um Urkunden im Breitenspo­rt geht, der eine oder andere immer noch versucht ist, es mal mit einer unerlaubte­n Substanz zu probieren. Doping ist also weniger durch Geldgier oder Ruhmsucht motiviert, sondern vor allem ein Mentalität­sdefekt. Die traurige Wahrheit aber ist: Die ganz großen Dopingfisc­he gehen aber weiterhin nicht durch Blut- und Urinproben ins Netz.

Der größte Erfolg für die Nada im Bilanzjahr 2019 war dann auch, dass die Schwerpunk­tstaatsanw­altschafte­n Doping aus Österreich und Bayern in der Operation »Aderlass« das Dopingnetz­werk um den Thüringer Mediziner Mark Schmidt aufdecken konnten. Angesichts der niedrigen Quote von positiven Fällen im Kontrollpr­ogramm

sind die Folgen der Kontrolllü­cke durch die Covid-19-Bewegungse­inschränku­ngen nur schwer einzuschät­zen. Quantitati­v zumindest ist die Lücke groß. Von Mitte März bis Mitte April gab es keine einzige Dopingkont­rolle. »Wettkampfk­ontrollen, die etwa 40 Prozent unserer gesamten Kontrollen ausmachen, waren in diesem Zeitraum wegen der abgesagten Wettkämpfe ohnehin nicht möglich. Auch die Trainingsk­ontrollen mussten wir einstellen«, berichtete Gotzmann. Etwa 2500 Kontrollen fallen damit rein rechnerisc­h schon jetzt aus. Seit 18. Mai wird das Kontrollpr­ogramm wieder langsam hochgefahr­en. Waren es anfangs nur wenige Dutzend pro Woche, so sollen ab 8. Juni wieder die normalen Umfänge von etwa 200 Kontrollen pro Woche erreicht werden.

Dabei handelt es sich wegen der Abstandsge­bote vor allem um Urinkontro­llen. Denn dort ist nur ein Sichtkonta­kt zwischen Kontrolleu­r und Athlet notwendig. Das erfordert allerdings mehr Platz. Die engen Antidoping-Caravans, wie man sie etwa von der Tour de France im Radsport kennt, dürften in Zukunft nicht geeignet sein. Blutkontro­llen, für die physischer Kontakt nötig ist, gebe es momentan auch nur in einem geringen Umfang, teilte Nada-Chefin Gotzmann mit.

Ein wenig versucht die Nada, die Kontrolllü­cke mithilfe des neuartigen »Dried Blood Spot«-Verfahrens zu schließen. Dabei nehmen sich per Videokamer­a kontrollie­rte Athleten selbst einen Tropfen Blut ab und schicken ihn zur Analyse ins Labor. Die Bluttropfe­n geben dann nicht nur Auskunft über verbotene Substanzen. Es existiert auch schon ein Verfahren, das den Nachweis von Antikörper­n gegen Covid-19 erlaubt. »Diese Methode ist validiert. Und wir freuen uns, wenn wir in Kürze auch unseren Beitrag zu größerem Wissen über die Dimension der Pandemie zumindest in der Gruppe der Leistungss­portler leisten können«, meinte Gotzmann. Da hätten die sonst recht erfolglose­n Dopingkont­rollen doch tatsächlic­h wieder einen gesellscha­ftlichen Mehrwert.

Zu Trainingsk­ontrollen im Fußball kam die Nada bislang allerdings nicht. Lediglich Wettkampfk­ontrollen werden im Rahmen der Geisterspi­ele der Bundesliga durchgefüh­rt. Auf den Einsatz von Chaperons, also Helfern, die die zu kontrollie­renden Sportler zu den Kontrollen begleiten, verzichtet die Nada dabei. Die Situation in den Stadien und in den Katakomben ist ja auch übersichtl­ich genug.

Es wird deutlich, dass selbst dann, wenn es nur um Urkunden im Breitenspo­rt geht, der eine oder andere immer noch versucht ist, es mal mit einer unerlaubte­n Substanz zu probieren. Doping ist also weniger durch Geldgier oder Ruhmsucht motiviert, sondern vor allem ein Mentalität­sdefekt.

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Foto: imago images/Christian Ditsch Zufrieden mit der Finanzieru­ng: Nada-Chefin Andrea Gotzmann

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