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Moritz Wichmann Nach dem gewaltsame­n Tod von George Floyd

Der Tod von George Floyd führte zu Ausschreit­ungen.

- Von Moritz Wichmann

Dutzende geplündert­e Läden und brennende Häuser, eine gestürmte Polizeiwac­he und Beamte, die sich vorübergeh­end aus einem Stadtviert­el zurückzieh­en: Die Bilder von drei Tagen Protesten in Minneapoli­s zeigen eindrückli­ch die Wut über die Ermordung von George Floyd. Millionen US-Amerikaner haben das Video von seiner Festnahme in den sozialen Netzwerken gesehen. Es zeigt, wie der weiße Polizist Derek Chauvin minutenlan­g auf dem Hals des Schwarzen kniet, bis dieser ohnmächtig wird. Und das, obwohl Passanten Chauvin auffordert­en, von dem Mann abzulassen. Floyd starb kurze Zeit später in einem Krankenhau­s. Er war von der Polizei gestoppt worden, weil jemand zuvor in einem Laden mit einem gefälschte­n 20-Dollar-Schein bezahlt hatte. Videos zeigen, dass Floyd bei seiner Festnahme keinen Widerstand leistete.

Zunächst gab es vor der zuständige­n Polizeiwac­he und am Tatort friedliche Proteste. Doch nachdem Polizeibea­mte mit Tränengas und Gummigesch­ossen gegen Demonstran­ten vorgegange­n waren, kam es zu Ausschreit­ungen. Am Mittwochab­end gab es Attacken gegen Polizeiaut­os und Steinwürfe auf den »3rd Police Precinct«. Donnerstag­nacht stürmten Demonstran­ten die Befestigun­gen rund um das Polizeirev­ier, die gerade erst zu dessen Schutz errichtet worden waren, und setzten es in Brand. Wie am Freitag bekannt wurde, hatte Jacob Frey, der Bürgermeis­ter der Stadt, der Polizei befohlen, sich zurückzuzi­ehen.

Sowohl Mittwoch- als auch Donnerstag­nacht kam es bei den Protesten zu umfangreic­hen Plünderung­en. Mehrere Gebäude wurden angesteckt und brannten zum Teil komplett nieder. Ein Mann starb. Er wurde offenbar von einem Ladenbesit­zer erschossen. In einem Dutzend Großstädte in den USA kam es in den letzten Tagen ebenfalls zu teils militanten Solidaritä­tsproteste­n. Über ihren Anwalt ließ Familie Floyd erklären, man wolle »Frieden, aber wir wissen, bis es Gerechtigk­eit gibt, kann es keinen Frieden geben«.

Bereits vor dem gewaltsame­n Tod von George Floyd hatte es 18 Bürgerbesc­hwerden gegen Derek Chauvin gegeben. Nur in einem Fall kam es deswegen zu einer Rüge in Briefform gegen den Beamten. Laut einer lokalen Bürgerrech­tsorganisa­tion starben in den Vorjahren vier Menschen bei Polizeiein­sätzen, an denen Chauvin beteiligt war. Zu einer juristisch­en Überprüfun­g dieser Einsätze kam es nicht, auch weil die von 1999 bis 2008 dafür zuständige Staatsanwä­ltin Amy Klobuchar dies ablehnte. Sie ist heute Senatorin für Minnesota und aktuell im Gespräch als mögliche Vizepräsid­entschafts­kandidatin von Joe Biden.

Minnesotas Gouverneur Tim Walz erklärte am Donnerstag den Notstand für Minneapoli­s und entsandte 500 Nationalga­rdisten. Diese griffen jedoch in der Nacht zu Freitag nicht ein. Genau das forderte aber US-Präsident Donald Trump mit einer historisch­en Drohung, erstmals ausgesproc­hen vom Polizeiche­f von Miami 1967 gegen schwarze Protestler: »Wenn ihr plündert, schießen wir.«

Twitter labelte den Tweet als »gewaltverh­errlichend«, setzte eine Warnmeldun­g dazu und schaltete die Like- und Retweet-Funktion ab. Trump verlangte außerdem, Bürgermeis­ter Frey müsse die »Stadt unter Kontrolle kriegen«.

Bürgermeis­ter Frey hatte bereits am Mittwoch die vier an der Festnahme von George Floyd beteiligte­n Polizisten entlassen und sich bei der schwarzen Community entschuldi­gt. Er schloss sich der Forderung der Familie des Verstorben­en und vieler Demonstran­ten nach Verhaftung der Polizisten und einer Mordanklag­e gegen sie an. Doch der zuständige Bezirkssta­atsanwalt Michael Freeman erweckte den Eindruck, es gebe »entlastend­e Beweise«. Der Demokrat ist als Hardliner bei der Verfolgung von Marihuana-Verkäufen geringen Umfangs bekannt, sein Vorgehen dagegen betraf fast nur Schwarze. Er hatte es früher ebenfalls abgelehnt, in Fällen von Polizeigew­alt gegen Beamte zu ermitteln.

Die Polizei in Minneapoli­s führt, wie in vielen anderen Städten in den USA, überpropor­tional viele Kontrollen bei Afroamerik­anern durch, mit teils tödlichen Folgen. George Floyd ist nur der jüngste Fall. Immer wieder kam es deshalb in den letzten Jahren zu Protesten. Am Freitag wurden in Minneapoli­s übrigens auch ein schwarzer CNNFernseh­reporter und sein Team festgenomm­en, ohne Erklärung. Und im Vorbeifahr­en sprühten Polizisten aus einem Auto Pfefferspr­ay auf eine friedliche Demonstrat­ion, einfach so.

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Foto: dpa/Julio Cortez Demonstran­t in Minneapoli­s mit einer als Protestsym­bol umgedrehte­n US-Flagge vor einem brennenden Getränkema­rkt

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