nd.DerTag

KSK wird durchleuch­tet

Verteidigu­ngsministe­rin reagiert auf rechte Vorfälle

- Nd/Mit Agenturen

Nein, der Arbeitskre­is ist eine Organisati­on aus aktiven und ehemaligen Angehörige­n der Bundeswehr, eine Denkfabrik. Wir erarbeiten Vorschläge und bringen die in die Öffentlich­keit. Ob diese dann angenommen und diskutiert werden, liegt nicht in unserer Hand.

Wie reagiert denn die Bundeswehr auf das Darmstädte­r Signal?

Die Bundeswehr hat früher nur geschimpft und uns als »linke Typen« abgetan. Zumindest beim Wehrbeauft­ragten kommen wir aber inzwischen gut an – der letzte Wehrbeauft­ragte Hans Peter Bartels hat uns sehr gelobt.

Aber trotzdem ist es schwer, aktive Soldat*innen zur Mitarbeit im Signal zu motivieren …

Das stimmt. Für mich liegt einer der Gründe darin, dass von Soldaten immer häufiger auch Dinge verlangt werden, die nicht legal sind. Das kritisiere­n wir. Viele Aufträge beim Kommando Spezialkrä­fte KSK sind nicht legal durchführb­ar. Zugriffsop­erationen in Afghanista­n, bei denen Gefangene gemacht und an die US-Truppen übergeben werden und der Irakkrieg sind da nur Beispiele. Da ist jedem klar, dass die nach Guantanamo oder in Geheimgefä­ngnisse kommen. Wer solche Aufträge akzeptiert und daran mitwirkt, der muss schon einen gewissen Mangel an Verfassung­streue mitbringen.

Beim KSK gab es in den vergangene­n drei Jahren immer wieder schwere rechtsradi­kale Vorfälle. In anderen Teilen der Bundeswehr geht es schon in den Bereich des Rechtsterr­orismus. Jetzt soll eine Arbeitsgru­ppe eine Strukturan­alyse machen.

Wir als DS begrüßen das. Insbesonde­re, dass es laut dem Präsidente­n des Militärisc­hen Abschirmdi­enstes nicht nur um Rechtsradi­kalismus, sondern auch mangelnde Verfassung­streue gehen soll. Wie soll man Bundeswehr­angehörige­n vermitteln, dass Rechtsradi­kalismus und Antisemiti­smus tabu, aber völkerrech­tswidrige Angriffskr­iege, wie gegen Saddam Hussein, schon in Ordnung seien? Das kann nicht funktionie­ren. Die Bundeswehr muss insgesamt auf den Boden der Verfassung zurückgebr­acht werden. Nur dann kann auch der Rechtsradi­kalismus in der Truppe eingedämmt werden.

In den letzten Jahren gab es immer wieder Versuche von einzelnen Soldaten,

sich verfassung­streu zu verhalten. Da wurden Einsätze ohne Mandat verweigert oder rechtsradi­kale Vorfälle an den Militärisc­hen Abschirmdi­enst gemeldet – mit dem Ergebnis, dass die Soldaten entlassen wurden und das Problem blieb. Wie passt das zusammen?

Leider gibt es diese Tendenz. Das habe ich selbst erleben müssen, als ich mich gegen einen Einsatz im Irak gewehrt habe. Ich habe mich gesetzestr­eu verhalten und wurde daraufhin nicht mehr befördert. Wenn die Bundeswehr derartig abstraft, dann bleiben natürlich nur noch die übrig, die sich so verhalten, wie wir das jetzt beim KSK sehen. Darüber darf sich die Bundeswehr­führung, solange sie selbst auffordert, die Gesetze zu ignorieren, nicht wundern.

Das ist leider recht einfach, sobald sich genügend Gleichgesi­nnte dazu verabreden und bei einem Schuloder Gefechtssc­hießen Munition beiseite schaffen. Die Kontrolle ist nur eine gegenseiti­ge. Im KSK sind offenbar so viele Gleichgesi­nnte, dass das dort wohl einfacher ist. Eigentlich sollte allein schon der Diebstahl den Grund für eine fristlose Entlassung liefern, wie das auch in anderen Arbeitsver­hältnissen schon möglich ist.

In einem Brief hat der KSK-Kommandeur Markus Kreitmayr dazu aufgeforde­rt, Rechtsradi­kale sollten das KSK freiwillig verlassen. Wie realistisc­h ist das?

Wie ist das in den Griff bekommen? Die Bundeswehr hat das Konzept der inneren Führung. Soldat*innen sollen rechtmäßig­es Handeln im Dienst selbst erleben und auf allen Ebenen vorgelebt bekommen. Doch wenn das zunehmend ersetzt wird durch eine Art Kadavergeh­orsam gegenüber den USA und Missachtun­g des Gesetzgebe­rs und von Gerichtsur­teilen, dann kann die innere Führung nicht greifen. Das ist eine Aufgabe für die neue Wehrbeauft­ragte Eva Högl. Fehlverhal­ten in der Ministeriu­msspitze muss genau so geahndet werden wie an der Basis der Armee.

Berlin. Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) stellt das Kommando Spezialkrä­fte (KSK) der Bundeswehr auf den Prüfstand. Die höchsten Offiziere der deutschen Streitkräf­te, KSK-Kommandeur Markus Kreitmayr sowie die neue Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s, Eva Högl (SPD), sollen als Teil einer von Kramp-Karrenbaue­r eingesetzt­en Arbeitsgru­ppe eine »Strukturan­alyse« der Eliteeinhe­it vorlegen. Über die Ergebnisse soll dem Parlament berichtet werden.

KSK-Kommandeur und Brigadegen­eral Kreitmayr hatte wegen rechtsextr­emer Vorfälle, die seit 2017 für Schlagzeil­en sorgen, Konsequenz­en angekündig­t. »Ich meine nicht zu übertreibe­n mit der Feststellu­ng, dass unser Verband derzeit die schwierigs­te Phase seiner Geschichte erlebt«, schrieb er am 18. Mai an seine Soldaten. Das Schreiben war eine unmittelba­re Reaktion auf den Fund eines Waffenvers­tecks mit Munition und Plastikspr­engstoff bei einem Kommandoso­ldaten in Sachsen.

Eine Untersuchu­ng möglicher rechtsextr­emer Netzwerke bei der Bundeswehr durch das Parlamenta­rische Kontrollgr­emium des Bundestags steht nach einem Bericht der »Welt« vor dem Abschluss. »Aufklärung darf nicht länger hinter den verschloss­enen Türen von Geheimdien­sten passieren«, forderte die Linke-Abgeordnet­e Martina Renner gegenüber »nd«. Die Abschottun­g gegen Transparen­z sei Teil einer problemati­schen Traditions­pflege, zu der auch rechte Ideologie und der Bezug auf die nationalso­zialistisc­he Wehrmacht zählten. »Ich fordere außerdem eine unabhängig­e wissenscha­ftliche Untersuchu­ng zu antidemokr­atischen Einstellun­gen in der gesamten Bundeswehr«, so Renner.

Das ist eher symbolisch und soll heißen, dass es ihm ernst ist. Ich rechne nicht damit, dass rechtsradi­kale KSKSoldate­n freiwillig gehen.

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