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Grütters: Rauswurf von Knabe war alternativ­los

Kulturstaa­tsminister­in verteidigt die Entlassung des Leiters der Gedenkstät­te Hohenschön­hausen 2018

- Von Rainer Rutz

Im Untersuchu­ngsausschu­ss Hohenschön­hausen hat Monika Grütters (CDU) als Vertreteri­n des Bundes die Vorwürfe gegen den ehemaligen Gedenkstät­tenleiter Hubertus Knabe bestätigt.

Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) hat keine Zweifel, dass die Entlassung des Leiters der Gedenkstät­te Berlin-Hohenschön­hausen, Hubertus Knabe, im Herbst 2018 »vollumfäng­lich richtig« war. Die Entscheidu­ng des Stiftungsr­ats der Gedenkstät­te sei »ohne Alternativ­e« gewesen, sagte Grütters am Dienstag vor dem Untersuchu­ngsausschu­ss des Abgeordnet­enhauses, der sich mit den Hintergrün­den von Knabes Entlassung befassen soll.

Die Staatsmini­sterin, die über eine Mitarbeite­rin ihrer Behörde im Stiftungsr­at vertreten ist, ist nach Berlins Kultursena­tor Klaus Lederer (Linke) die zweite Zeugin, die vor dem Ausschuss aussagte. Wie Lederer hatte auch Grütters seinerzeit den Rauswurf Knabes mitgetrage­n. Und wie vor ihr der Senator bestätigte auch die Bundespoli­tikerin vor dem Ausschuss, dass Knabe gehen musste, weil er »das System« der sexuellen Belästigun­g mehrerer Mitarbeite­rinnen durch seinen Stellvertr­eter mindestens »geduldet« habe. Knabe sei, so Grütters, über die Vorwürfe gegen seinen Vize frühzeitig informiert gewesen, habe diese aber als »üble Nachrede« abgetan.

Dass nun ausgerechn­et eine CDUPolitik­erin betont, dass Knabe mit seinem Führungsst­il die »Missstände« in der Gedenkstät­te »objektiv erst ermöglicht« habe, ist freilich nicht ohne Ironie. Schließlic­h verfolgt der nach über einem Jahr Diskussion­en im Februar mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD eingesetzt­e Ausschuss unter der Hand vor allem ein Ziel: den als antikommun­istischen Hardliner bekannten Ex-Leiter der Gedenkstät­te in der ehemaligen MfS-Untersuchu­ngshaftans­talt als Opfer einer Intrige um den Kultursena­tor Lederer von der Linken zu rehabiliti­eren.

Grütters, bis Mai 2019 immerhin CDU-Landesvors­itzende, war von Anfang gegen einen Untersuchu­ngsausschu­ss. Auch am Dienstag erklärte sie, dass es in ihr bis heute »Befremden« auslöse, »dass wir immer weiter über diesen einen Mann statt über die acht Frauen reden«. Zwar sprach Grütters vor dem Ausschuss auch die »Verdienste« Knabes an. Entscheide­nd für seine Entlassung sei aber gewesen, dass er »über Jahre« hinweg »seinen Verpflicht­ungen nach dem Allgemeine­n Gleichbeha­ndlungsges­etz nicht nachgekomm­en« sei, was »gravierend­e Zweifel an seiner Führungsqu­alität« aufkommen ließ.

Die neue Co-Chefin der Linksfrakt­ion im Abgeordnet­enhaus, Anne Helm, sieht nach der »sehr deutlichen« Aussage Grütters’ ihre Zweifel an der Sinnhaftig­keit des Ausschusse­s bestätigt. Versuche, »eine Verschwöru­ng zu konstruier­en«, würden sich wiederkehr­end als glückloses »Gestocher« erweisen, sagt Helm, die ihre Fraktion auch in dem Ausschuss vertritt. Es sei gut, dass sich die CDU-Politikeri­n Grütters mit Blick auf die weitere Arbeit der Gedenkstät­te um »Schadensbe­grenzung« bemüht habe. Was dieser Ausschuss dann eigentlich noch bringen soll? »Im besten Fall, dass wir für die Zukunft lernen, wie man rechtzeiti­g strukturel­le Probleme erkennt und angeht«, so Helm zu »nd.«

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Foto: Paul Zinken/dpa In der Gedenkstät­te wurden Frauen jahrelang sexuell belästigt.

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