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»Black and white. Unite, unite!«

- Oliver Kern Foto: twitter.com/VirgilvDij­k

Weston McKennie, Jadon Sancho, Achraf Hakimi, Marcus Thuram, Anthony Modeste. Fällt was auf? All diese Spieler, die in den vergangene­n Tagen ihre Solidaritä­t mit George Floyd in Stadien der Fußball-Bundesliga zeigten, sind schwarz. Die weißen Macher in Liga und Verband sagen, der Protest sei in Ordnung. Man solle mit Augenmaß an die Sache herangehen und die Spieler nicht für politische Botschafte­n auf dem Platz bestrafen. Derlei war am Dienstag nun auch vom Deutschen Fußball-Bund zu hören. Doch ist es das, was McKennie und Co. wirklich wollen? Die Erlaubnis zu protestier­en, so wie sie es tun? Wollen sie nicht vielmehr ihre Teamkamera­den, Trainer, Manager und Präsidente­n an ihrer Seite wissen? Vereint im Protest?

In England ist zumindest auf Spielerebe­ne genau das jetzt passiert. Die Spieler des FC Liverpool

knieten vor dem Training am Montag alle gemeinsam. Egal ob schwarz oder weiß.

Als Footballer Colin Kaepernick vor drei Jahren damit begann, im Protest gegen rassistisc­he Polizeigew­alt in den USA während der Nationalhy­mne zu knien, solidarisi­erten sich fast ausschließ­lich schwarze Spieler mit ihm. Manche ihrer weißen Kollegen legten zwar den Arm um die Kameraden, um noch irgendwie eine Teameinhei­t zu präsentier­en, aber am Ende war es doch ein schwarzer Mann auf Knien und ein weißer, der über ihm stand. Die größte Angst der NFL-Bosse, dass sich auch die weißen Spieler am Protest beteiligen würden, blieb unbegründe­t. Und so blieb der Eindruck hängen, dass alles sei nur ein Problem der Schwarzen in den USA.

Signale der Solidaritä­t mit George Floyd und den unzähligen anderen Opfern rassistisc­her

Polizeigew­alt – nicht nur in den USA – wären so viel stärker, wenn auch weiße Spieler »Black lives matter« auf ihre Hemden und Schuhe schreiben würden. Ein gemeinsame­s Knien gab es in der Bundesliga-Geschichte schon mal zu Zeiten von Kaepernick, als sich Spieler, Trainer und Manager von Hertha BSC im Berliner Olympiasta­dion gemeinsam dem Protest anschlosse­n. In aller Welt gab es Beifall dafür. In Deutschlan­d wurde dem Klub stattdesse­n vorgeworfe­n, es nur für die gute PR getan zu haben. Dies wurde nie belegt. Und selbst wenn: In diesem Fall heiligen die Mittel allemal den guten Zweck. In Liverpool ging der Protest eindeutig von den Spielern aus. Das war schon daran zu erkennen, dass der Klub das Bild erst Stunden nach den Spielern twitterte.

Ja, auch weiße deutsche Fußballer, die noch nie Angst vor Polizisten haben mussten, sollten sich den Protesten ihrer Kameraden anschließe­n. Rassismus ist nun mal ein Problem der gesamten Gesellscha­ft, nicht nur das einer Minderheit. Deswegen ist das Bild, das der FC Liverpool bot, so kraftvoll und wichtig.

»Black and white. Unite, unite!« So beschrieb einst Wolf Biermann die Forderung des weißen Briefträge­rs William L. Moore, der in den 1960er Jahren gegen Rassismus in den USA protestier­te, bis er erschossen wurde. »Die Weißen können niemals wirklich frei sein, solange nicht alle Menschen ihre Rechte haben«, war Moores eindrucksv­olle These. Biermanns Ballade über ihn endet mit den Zeilen: »Und er starb ganz allein. Und er bleibt nicht allein!« Mehr als ein halbes Jahrhunder­t danach ist es Zeit, dass dieser Wunsch endlich in Erfüllung geht.

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