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Diesel-Klägern wurde der Rücken gestärkt

- dpa/nd

Im VW-Dieselskan­dal hat der Bundesgeri­chtshof am 25. Mai 2020 ein Grundsatzu­rteil (Az. VI ZR 252/19) gefällt und damit den Klägern den Rücken gestärkt (nd berichtete). Was wurde entschiede­n?

Mit dem BGH-Urteil steht fest: Der Konzern, der Millionen Fahrzeuge mit einer illegalen Abgastechn­ik ausgestatt­et hat, ist klagenden Käufern zu Schadeners­atz verpflicht­et. Der Autobauer habe seine Kunden vorsätzlic­h sittenwidr­ig geschädigt.

Schadeners­atz – was bedeutet das genau?

Im Grunde muss VW den Kauf ungeschehe­n machen, also das Auto zurücknehm­en und dem Kunden das gezahlte Geld erstatten. Das gilt sogar für Gebrauchtw­agen aus zweiter Hand. Allerdings berücksich­tigt das BGH-Urteil, dass die Käufer das Auto einige Zeit gefahren haben. Diese Nutzung müssen sie sich anrechnen lassen. Es gibt also nicht den vollen Preis zurück. Schadeners­atz bekommen nur noch die Kunden, die VW bereits verklagt haben und deren Verfahren noch läuft.

Wer profitiert vom Urteil?

Kläger wie Herbert Gilbert aus Rheinland-Pfalz, dessen Fall als erster vor den BGH gelandet ist. Seinen VW Sharan kauft er 2014 vom freien Händler, gebraucht, für 31 500 Euro. Auch in seinem Auto steckte eine illegale Technik, so dass der Wagen die Abgas-Grenzwerte nur auf dem Prüfstand einhielt und nicht auf der Straße. Also verklagt er VW.

Welche Abzüge muss der Klägern in Kauf nehmen?

Der Kläger ist nicht viel gefahren. Tachostand beim Kauf rund 20 000 Kilometer. Als das Oberlandes­gericht Koblenz seinen Fall 2019 verhandelt­e, sind es 72 000 Kilometer. Die OLGRichter nehmen an, dass der Sharan es auf eine Laufleistu­ng von 300 000 Kilometern bringen würde. Aus diesen Werten errechnen sie die sogenannte

Nutzungsen­tschädigun­g, in diesem Fall 5900 Euro. Diese Summe wird vom Kaufpreis abgezogen. Der Kläger erhält rund 25 600 Euro Schadeners­atz.

Können andere Kläger auf so hohe Summen hoffen?

Der Kläger dürfte überdurchs­chnittlich gut weggekomme­n sein, denn viele haben mit ihren Autos viel mehr Kilometer zurückgele­gt. Das bedeutet höhere Abzüge für die Kunden.

Wem hilft das Urteil noch und wem nicht?

Laut VW sind noch rund 60 000 Verfahren anhängig. Wer sich an der Musterfest­stellungsk­lage der

Verbrauche­rzentralen gegen VW beteiligt und den bereits ausgehande­lten Vergleich angenommen hat, verzichtet damit auf weitere Ansprüche, kann also nicht mehr klagen. Nach Konzernang­aben wurden rund 240 000 Vergleiche abgeschlos­sen, nur rund 1000 wurden widerrufen. Ganz neue Klagen sind nicht mehr möglich. Wer jetzt erstmals wegen seines manipulier­ten Diesels Ansprüche geltend macht, kommt wegen Verjährung zu spät.

Wie geht es weiter?

Es geht um 60 000 Gerichtsen­tscheidung­en. Man werde Einmalzahl­ungen anbieten, so VW, um die Verfahren »im Einvernehm­en mit den Klägern zeitnah« zu beenden. Aber es gibt noch andere Konstellat­ionen, die offen sind: Rund 10 000 Kläger haben ihr Auto erst gekauft, als der Dieselskan­dal schon bekannt war. Andere haben nicht gegen VW, sondern gegen ihren Autohändle­r geklagt.

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Foto: imago images/Kirchner-Media Im VW-Abgasskand­al sind noch rund 60 000 Verfahren anhängig. Nach BGH-Urteil müssen sich die Kläger die Eigennutzu­ng aber anrechnen lassen.
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