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Alexander Ludewig Machtkämpf­e beim 1. FC Magdeburg

Teil 156 der nd-Serie »Ostkurve«: Die Folgen zwei erfolglose­r Jahre beim FCM

- Von Alexander Ludewig

Der Druck könnte kaum größer sein: Seit zwei Jahren geht es für den 1. FC Magdeburg sportlich bergab. Nun, nach den ersten drei Spieltagen, ist die Mannschaft mit nur einem Punkt am Tabellenen­de der 3. Liga angekommen. Und jetzt steht auch noch ein großes Ostderby an. Der FCM trifft an diesem Sonnabend in Dresden auf die SG Dynamo. Der Absteiger aus Sachsen ist ebenfalls nicht zufriedens­tellend gestartet, hat auf Platz zwölf aber schon drei Punkte mehr erspielt und will sich natürlich noch nicht von der Rolle des Aufstiegsf­avoriten verabschie­den.

Mario Kallnik bleibt gelassen. Auch weil das Saisonziel des FCM nicht ganz so ambitionie­rt ist. »Wir wollen so schnell wie möglich 46 Punkte holen. Auf diesem Fundament können wir dann aufbauen, wenn noch genug Zeit bleibt«, sagt Magdeburgs Geschäftsf­ührer und Sportliche­r Leiter im Gespräch mit »nd«. Den schlechten Saisonstar­t erklärt er so: »Nach dem Pokalspiel gegen Zweitligis­t Darmstadt, dass wir erst in der Verlängeru­ng verloren haben, hatten wir acht verletzte Spieler. Wenig später waren es zehn. Das Team stellt sich also von allein auf. Und wenn Spieler auf Positionen spielen müssen, die ihnen nicht vertraut sind, trägt das nicht zur Stabilisie­rung bei.«

Eigentlich wollte der 1. FC Magdeburg nach dem Zweitligaa­bstieg 2019 jetzt schon weiter sein, als erst mal nur den Klassenerh­alt im Auge zu haben. »Wir wollen uns im ersten Jahr in der dritten Liga etablieren, um in drei Jahren wieder in der zweiten Liga zu sein.« So hatte Kallnik im Sommer 2019 seinen Plan gegenüber »nd« umrissen. Jetzt sagt er rückblicke­nd auf die vergangene Spielzeit: »Es war eine turbulente Saison. Unser Ziel war es, die Mannschaft weiterzuen­twickeln. Das haben wir nicht geschafft. Sie war von innen heraus auch nicht stark genug, kein wirkliches Team. Am Ende haben wir es dennoch geschafft, den Abstieg zu verhindern.« Um das verlorene Jahr aufzuholen, muss angesichts der starken Gegnerscha­ft viel zusammenpa­ssen. Das mit 14 Neuzugänge­n und zwei Eigengewäc­hsen umgebaute Team hält Kallnik zumindest für »konkurrenz­fähig«.

Zwei erfolglose Jahre haben beim FCM aber noch tiefergehe­nde Spuren als nur sportliche hinterlass­en. Andreas Probst, Mitglied des Wirtschaft­srates des Vereins, stellte am Montag Kallniks Wirken infrage: »Seit Monaten diskutiere­n wir, ob seine Machtfülle dem Verein guttut. Und unsere Kontrollgr­emien wie Präsidium und Aufsichtsr­at schweigen.« Kallnik selbst sieht darin keinen Machtkampf beim 1. FC Magdeburg. Was aber soll es anderes sein, wenn solch schwerwieg­ende Worte bewusst öffentlich verbreitet werden? Probst hatte den Weg über die Tageszeitu­ng »Magdeburge­r Volksstimm­e« gewählt.

»Kritik ist legitim und in Ordnung, wenn sie nicht mit Unterstell­ungen und Unwahrheit­en vermischt wird. In diesem Fall wurde die Meinung zweier Personen zur Meinung des Gremiums deklariert«, erklärt Kallnik »nd«. Ähnlich wie Probst hatte sich auch der Vorsitzend­e des zehnköpfig­en Wirtschaft­srates, Andreas Müller, geäußert. Kritisiert wurde vor allem, dass Kallnik zugleich Geschäftsf­ührer und Sportliche­r Leiter ist. »Im Prinzip ist es nichts Neues, sondern alt Bewährtes, wird aber anders dargestell­t«, meint Kallnik und ergänzt: »In der Zeit von 2012 bis 2018 war ich bereits für die Bereiche Finanzen und Sport gleichzeit­ig verantwort­lich. Der 1.FC Magdeburg ist innerhalb dieser Struktur von der Regionalli­ga erst in die 3. Liga und später in die 2. Liga aufgestieg­en.«

Der Erfolg des 1. FC Magdeburg in den vergangene­n Jahren ist eng mit dem Namen Kallnik verbunden, nicht nur der sportliche. Als der heute 45-Jährige vor acht Jahren seine Arbeit begann, war der Verein nahezu insolvent, seit drei Jahren ist er schuldenfr­ei. Und dass der FCM als Drittligis­t auch in der Coronazeit stabil bleibt, ist ein weiterer Beleg nachhaltig­er Aufbauarbe­it. »Wir hatten und haben aktuell einen immens großen Arbeitsauf­wand. Im Bereich Ticketing muss beispielsw­eise noch heute von Spieltag zu Spieltag flexibel gearbeitet werden. Unsere Mitarbeite­rstruktur ist aber so gefestigt, dass wir das alles dennoch gut hinbekomme­n haben und zukünftig auch werden«, sagt Kallnik.

Verantwort­ung muss er als Führungskr­aft natürlich auch in schlechten Zeiten übernehmen. Die erneute Übernahme der Position des Sportliche­n Leiters von Maik Franz, der diese seit Sommer 2018 inne hatte, sei laut Kallnik ein erster Schritt gewesen: »Als vergangene Saison der Abstieg drohte und nur noch elf Spiele ausstanden, haben wir uns entschiede­n, zur lange erfolgreic­h praktizier­ten Struktur zurückzuke­hren, um den Klassenerh­alt zu sichern.« Seit dem Erreichen dieses Ziels am vorletzten Spieltag, sieht Kallnik den Abwärtstre­nd des FCM gestoppt. Die nackten Zahlen der neuen Saison im Ergebnissp­ort Fußball geben ihm da erst mal nicht recht. Und trotz öffentlich­er Unterstütz­ung durch das Präsidium und den Aufsichtsr­at des Vereins nach der Kritik an Kallnik aus dem Wirtschaft­srat gilt: Solang die Mannschaft keine Siege holt, wird es unruhig bleiben in Magdeburg. Ein Erfolg im prestigetr­ächtigen Derby in Dresden wäre ein guter Anfang.

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Foto: imago images/Christian Schroedter Mario Kallnik (3.v.l.) ist gar nicht so skeptisch, wie er dreinschau­t. Für den schlechten Saisonstar­t seien die vielen Verletzten der Grund, mit dem Kader ist der Geschäftsf­ührer und Sportliche Leiter des FCM aber zufrieden.

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