nd.DerTag

Schadensbe­grenzung

Sebastian Bähr über den FDP-Mann Thomas Kemmerich

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Als sich der thüringisc­he FDP-Chef Thomas Kemmerich Anfang Februar mit den Stimmen der AfD zum Ministerpr­äsidenten wählen ließ, hatte er die Kräfteverh­ältnisse unterschät­zt. Proteste konnten eine Regierung von Höckes Gnaden verhindern. Eine fragile rot-rot-grüne Minderheit­sregierung versucht seitdem, im Land auf Neuwahlen hinzuarbei­ten. Vor diesen wollte Kemmerich nun noch mal Farbe bekennen: »Nicht die Annahme der Wahl war der Fehler (...), sondern der Umgang der anderen demokratis­chen Parteien mit der Situation«, erklärte er am Freitag. Sein Bekenntnis war der FDP zu viel. Das Bundespräs­idium kündigte an, ihm jede Unterstütz­ung zu versagen, sollte er erneut als Spitzenkan­didat auftreten.

Hat hier also die FDP ihre demokratis­che und überfällig­e Lektion gelernt? Sicher nicht. Den Liberalen dürfte es um Schadensbe­grenzung gehen. Erst im Mai hatte Kemmerich in Gera an einer auch von Neonazis organisier­ten Demo gegen Corona-Maßnahmen teilgenomm­en. Monate vor den Wahlen ist seine Flirterei mit rechts der FDP-Spitze zu offensiv.

Antifaschi­stische Bündnispar­tner sollte man bei den Liberalen deswegen nicht vermuten: In den Landesparl­amenten von Berlin und Hamburg hatten FDP-Abgeordnet­e wiederholt für AfD-Anträge gestimmt, viele Mitglieder befürworte­n eine Zusammenar­beit mit Rechtsauße­n. Und nicht nur in der Flüchtling­s- und der Klimapolit­ik werden von der Partei längst rechte Töne angestimmt. Kemmerich geht der FDP-Führung mit seinem rechtsoffe­nen Kurs einfach zu dilettanti­sch vor. Auf ihn wartet wohl jetzt nur noch die politische Bedeutungs­losigkeit. Auf eine FDP, die sich zu keinem antifaschi­stischen Konsens aufraffen kann, hoffentlic­h ebenso.

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