nd.DerTag

Versteckt

- Othmara Glas, Almaty

Sooronbaj Dscheenbek­ow hat eingelenkt. Sobald es in Kirgistan wieder eine Regierung gebe und »sich das Land auf dem Weg der Rechtmäßig­keit befindet«, sei er bereit, als Präsident zurückzutr­eten, sagte er am Freitag. Außerdem entließ er das Kabinett. Ob das reicht, um die Lage zu beruhigen, ist fraglich. Denn Dscheenbek­ow hält sich immer noch versteckt. Er war in der Nacht zum Dienstag, als Demonstran­ten seinen Amtssitz stürmten, in Sicherheit gebracht worden. Er soll sich noch in der Hauptstadt Bischkek aufhalten. Dort spitzt sich die Lage zu. Am Freitagnac­hmittag versammelt­en sich Anhänger verschiede­ner Gruppierun­gen. Videoaufna­hmen zeigen Tausende Demonstrie­rende, Journalist­en berichten von Schüssen. Dscheenbek­ow hat den Ausnahmezu­stand verhängt, ab 20 Uhr gilt eine Ausgangssp­erre. Außerdem sind bis zum 21. Oktober Kundgebung­en verboten.

Der gelernte Landwirt Dscheenbek­ow ging 1993 in die Politik und machte bald Karriere. Er war Parlaments­abgeordnet­er, Landwirtsc­haftsminis­ter und Gouverneur. 2016 wurde er Premiermin­ister unter dem damaligen Präsidente­n Almasbek Atambajew, der als sein politische­r Ziehvater gilt. Als Atambajew nach sechs Jahren im Amt laut Verfassung nicht erneut bei den Präsidents­chaftswahl­en 2017 antreten durfte, schickte er seinen Protegé vor. Dscheenbek­ow gewann und Atambajew glaubte wohl, im Hintergrun­d weiter die Fäden in der Hand halten zu können. Doch Dscheenbek­ow distanzier­te sich bald von ihm. Der Machtstrei­t eskalierte und Atambajew landete nach Korruption­svorwürfen im Gefängnis. In der Nacht zu Dienstag wurde er von seinen Anhängern befreit – sie halten die Vorwürfe für konstruier­t. Am Freitag führte er eine Gruppe Demonstran­ten an.

Die Proteste in Kirgistan waren am Montag ausgebroch­en, nachdem es bei den Parlaments­wahlen zu Manipulati­onen gekommen war. Die wichtigste­n Opposition­sparteien waren an der Sieben-Prozent-Hürde gescheiter­t. Die Wahlkommis­sion hat die Ergebnisse für ungültig erklärt und eine Wahlwieder­holung angekündig­t.

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Foto: dpa/B. von Jutrczenka Sooronbaj Dscheenbek­ow

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