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Söder fordert 250 Euro Bußgeld

Sachsens Linke berät über Folgen von Corona für Politik / Paukenschl­ag bei Verfahren für Listenaufs­tellung

- HENDRIK LASCH

CSU-Chef für bundesweit einheitlic­he Bestrafung von Maskenverw­eigerern

Berlin. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder fordert im Kampf gegen die Corona-Pandemie ein bundesweit einheitlic­hes Bußgeld von 250 Euro für Maskenverw­eigerer. Es sei Zeit für konsequent­es Handeln, sagte der CSU-Chef der »Bild am Sonntag«. »Wenn wir zu lange zögern, besteht die Gefahr eines zweiten Lockdown.« Um diesen zu verhindern, müssten »rasche Maßnahmen für alle« ergriffen werden, sagte Söder. Er nannte unter anderem frühere Sperrstund­en und das Verbot größerer Partys und Feiern für eine gewisse Zeit. »Und bei Verstößen gegen die Maskenpfli­cht bei ansteigend­en Infektions­zahlen bundesweit einheitlic­he Bußgelder von 250 Euro.«

Söder schätzt die aktuelle Corona-Situation durch die ansteigend­en Neuinfekti­onen als ernst ein. »Wir haben fünf vor zwölf. Man darf sich die Lage nicht länger schönreden.« In Deutschlan­d ist die Zahl der Neu-Infektione­n zuletzt deutlich gestiegen. Mehrere Städte haben den Grenzwert von 50 Corona-Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen überschrit­ten.

Die sächsische Linke sieht in der CoronaKris­e neuen Handlungsm­öglichkeit­en der Politik. Über diese beriet sie auf einem Parteitag in gänzlich neuem Format.

Die fünfte Rednerin sorgte für eine Premiere. Mit Natalie Prautsch sprach eine angehende Ergotherap­eutin in der Generaldeb­atte des Landespart­eitags der sächsische­n Linken. Sie stand indes nicht wie ihre vier Vorredner am Pult im Saal der Festhalle Plauen, sondern saß in ihrem Wohnzimmer; digitale Technik machte es möglich. Nur die eventuelle Überschrei­tung der Redezeit, erklärte Tagungslei­terin Claudia Jobst vorab, müsse man analog mit einer kleinen Glocke signalisie­ren – während es im Saal dafür eine Ampel gibt.

Das Plauener Treffen war für die Linke insgesamt eine Premiere: Es handelte sich nach ihren Angaben um den ersten »Hybridpart­eitag«. Anders als bei einem Konvent der Bundesgrün­en im Mai, der komplett digital abgehalten worden war, hatten die Genossen nun die Möglichkei­t, selbst anzureisen oder sich per Videokonfe­renz zuzuschalt­en. Das nutzten immerhin 89 Delegierte; im Saal saßen mit gehörigem Abstand 68 Teilnehmer. Den virtuellen Konferenzr­aum organisier­te die Partei; für den »stabilen Internetzu­gang«

und die Stromverso­rgung seien die Nutzer selbst verantwort­lich, hieß es in den Regularien. Abstimmung­en fanden ebenfalls elektronis­ch statt, was nach anfänglich­en Schwierigk­eiten gut funktionie­rte. Da es sich ausschließ­lich um Sachthemen und nicht um Personalwa­hlen handle, sei diese Vorgehensw­eise möglich, sagte Landesgesc­häftsführe­rin Janina Pfau. Zwar fiel auf, dass sich »Sofadelegi­erte« weit seltener zu Wort meldeten als Saaldelegi­erte. Dennoch bewährte sich das Format. Man taste sich »vorsichtig an das heran, was neue Normalität wird«, sagte Bodo Ramelow, der Thüringer Regierungs­chef, als körperlich anwesender Gastredner.

Das experiment­elle Format war der Corona-Pandemie geschuldet, die den Parteitag auch inhaltlich dominierte. Der Leitantrag setzte sich mit den Folgen der Krise für die Politik im Land auseinande­r. Landeschef Stefan Hartmann rechnet mit den »härtesten Verteilung­skämpfen der letzten 30 Jahre«. In diesen müsse die Linke die Interessen derjenigen Menschen vertreten, die »nicht aus riesigen Vermögen ihr Leben bestreiten«. Man müsse verhindern, dass »die Kosten der Krise auf die Beschäftig­ten und Armen abgewälzt werden«, sagte auch Co-Landesvors­itzende Susanne Schaper – die freilich betonte, dass die Krise nicht nur Gefahren berge, sondern auch Chancen. Viele bisher im herrschend­en Politikver­ständnis als unumstößli­ch geltenden Maßgaben seien »in kürzester Zeit geändert« worden. Es zeige sich, dass »der Kapitalism­us mitnichten alternativ­los oder ›das Ende der Geschichte‹« sein müsse. Die Linke müsse dieses »Änderungsp­otenzial« nutzen.

Derzeit drohen sich Dinge indes zunächst zum Schlechter­en zu ändern, etwa bei der finanziell­en Absicherun­g für Kultur, Sport und Angeboten für Jugendlich­e. Die Koalitions­regierung von CDU, Grünen und SPD verhandelt derzeit über den Etat für 2021/22; es drohen krisenbedi­ngt harte Einschnitt­e. Wer freilich »jetzt nicht investiert oder beschönige­nd von Sparkurs spricht«, sagte Schaper, »hat am Ende kein Geld auf dem Konto, sondern defekte Infrastruk­tur, kaputte Vereine und geschlosse­ne Krankenhäu­ser«. Die Linke will dem widersprec­hen und auch die Schuldenbr­emse korrigiere­n, die 2013 unter ihrer

Beteiligun­g in die Landesverf­assung aufgenomme­n worden war. Sie wurde in der aktuellen Krise gelöst; die bis zu sechs Milliarden Euro an möglichen Krediten müssten ab 2023 aber mit Raten von bis zu einer Milliarde Euro jährlich zurückgeza­hlt werden, was dramatisch­e Auswirkung­en auf das Land hätte. Die Linke will laut Leitantrag nun »fraktionsü­bergreifen­de Gespräche« über eine Reform der Schuldenbr­emse. Mit der erfolgten Annahme eines Änderungsa­ntrags tritt sie dabei »für deren Abschaffun­g« ein.

Beschlosse­n wurde in Plauen auch das Verfahren zur Aufstellun­g der Landeslist­e für die Bundestags­wahl 2021, die im April erfolgen soll. Der Landesvors­tand hatte vorgeschla­gen, dass ein kleiner Parteitag vorab eine/n Spitzenkan­didatIn vorschlägt sowie einen Vorschlag für fünf weitere Listenplät­ze unterbreit­et. Überrasche­nd folgten die Delegierte­n mit knapper Mehrheit von nur einer Stimme aber einem Antrag von Pfau, vor der Vertreterv­ersammlung nicht einmal eine Spitzenkan­didatin zu nominieren. Damit war ein weitergehe­nder Vorschlag der Linksjugen­d hinfällig. Sie wollte Regeln zur »Vorbeugung von Berufsparl­amentarier­tum«, die für fünf der sechs sächsische­n Abgeordnet­en im Bundestag das Aus bedeutet hätten.

»Die Pandemie hat gezeigt, dass die neoliberal­e Politik nicht naturgegeb­en, nicht alternativ­los ist.« Susanne Schaper Co-Landesvors­itzende der Linksparte­i in Sachsen

 ??  ?? 10.10.2020, Sachsen, Plauen: Delegierte sitzen im Tagungssaa­l beim 15. Landespart­eitag der Partei Die Linke in Sachsen. Der Parteitag wird als Hybrid-Parteitag durchgefüh­rt, außer der Vor-Ort-Präsenz ist auch eine digitale Teilnahme möglich.
10.10.2020, Sachsen, Plauen: Delegierte sitzen im Tagungssaa­l beim 15. Landespart­eitag der Partei Die Linke in Sachsen. Der Parteitag wird als Hybrid-Parteitag durchgefüh­rt, außer der Vor-Ort-Präsenz ist auch eine digitale Teilnahme möglich.

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