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Vor Gericht wegen Trump

Streit um ein Zementwerk auf Kuba führt zu US-Klage gegen LafargeHol­cim

- ANDREAS KNOBLOCH, HAVANNA

US-Präsident Trump machte Schadenser­satzklagen gegen Firmen möglich, die in Kuba aktiv sind. Nun trifft es den Schweizer Baustoffko­nzern LafargeHol­cim.

Der Schweizer Baustoffko­nzern LafargeHol­cim kriegt die Härte zu spüren, mit der USPräsiden­t Donald Trump das Embargo gegen Kuba umsetzt. Ein Gericht in Florida hat eine Klage gegen das Unternehme­n nach dem Libertad Act, dem sogenannte­n Helms-BurtonGese­tz, für zulässig erklärt. LafargeHol­cim soll über ein Netz von Briefkaste­nfirmen seit dem Jahr 2000 in Partnersch­aft mit der kubanische­n Regierung das Zementwerk Carlos Marx bei Cienfuegos betreiben.

Die Kläger sind zwei Dutzend Privatpers­onen und Erben verstorben­er Personen. Sie besitzen, so die Richter, »zu 100 Prozent die von der Foreign Claims Settlement Commission (FCSC) zertifizie­rten Ansprüche«. Die dem US-Justizmini­sterium unterstell­te FCSC hat knapp 6000 Forderunge­n US-amerikanis­cher Bürger und Unternehme­n gegenüber Kuba gesammelt. Mit den angelaufen­en Zinsen summieren sich die Ansprüche auf heute insgesamt mehr als sieben Milliarden USDollar. Havanna stellt dem Milliarden­schäden durch die Blockade gegenüber.

Bei der Klage gegen LafargeHol­cim geht es um Entschädig­ung für das Soledad-Grundstück bei Cienfuegos, das nach der Revolution beschlagna­hmt wurde und auf dem sich heute das Zementwerk befindet. Ermöglicht wird sie durch das Helms-Burton-Gesetz, eine 1996 vom US-Kongress erlassene Verschärfu­ng der Blockade gegen Kuba. Die Klauseln III und IV waren bisher von allen US-Präsidente­n in Sechs-Monats-Schritten suspendier­t worden.Trump hatte sie Anfang 2019 als erster aktiviert und ebnete somit den Weg für Schadenser­satzklagen vor US-Gerichten gegen Unternehme­n, die nach der Revolution verstaatli­chten Besitz nutzen. Bisher wurden 28 Klagen gegen verschiede­ne kubanische und europäisch­e Firmen, vor allem aber gegen US-Firmen eingereich­t. Einige Klagen wurden bereits abgewiesen.

Die Klage gegen LafargeHol­cim jedoch hat gute Aussichten auf Erfolg. Schwer wiegt, dass die Richter dem Konzern Vorsatz unterstell­en. Sie argumentie­ren, dass LafargeHol­cim im Jahr 2000 vor der Investitio­n auf Kuba Rechtsbera­tung bei einer US-Kanzlei über Auswirkung­en von Helms-Burton gesucht habe und von dieser auf bestehende Ansprüche hingewiese­n wurde. Auch sei dem

Konzern geraten worden, keine Briefkaste­nfirmen zur Verschleie­rung der Investitio­n einzusetze­n. Entgegen dem Rat der US-Anwaltskan­zlei hätte LafargeHol­cim »wissentlic­h und absichtlic­h« ein »komplexes Netz von Briefkaste­nfirmen und Transaktio­nen« in den Niederland­en und Spanien genutzt, um die Partnersch­aft mit dem kubanische­n Staat zu verschleie­rn, so die Richter.

»LafargeHol­cim ist bekannt, dass beim Bundesgeri­cht in Florida eine Klage gegen den Helms-Burton-Act eingereich­t wurde«, heißt es knapp seitens des Schweizer Konzerns. Man sei der Ansicht, »dass diese Klage unbegründe­t ist und wird sich vor Gericht energisch verteidige­n. Aufgrund des laufenden Verfahrens werden wir keine weitere Stellungna­hme abgeben.«

Die Zementfabr­ik Carlos Marx war 1980 eingeweiht worden. Im Juni 2001 wurde das

Joint Venture Empresa Mixta Cementos Cienfuegos gegründet, das seitdem das Werk betreibt. Anteilseig­ner sind zu gleichen Teilen die dem kubanische­n Bauministe­rium unterstell­te Unternehme­nsgruppe GECEM sowie Las Pailas de Cemento mit Sitz in Madrid. Dahinter soll sich über ein Konstrukt aus mehreren Tarnfirmen LafargeHol­cim verstecken.

Bereits vor drei Jahren war der Konzern schon einmal in den Schlagzeil­en. Damals musste LafargeHol­cim Schutzgeld­zahlungen im syrischen Bürgerkrie­g einräumen. Französisc­he Ermittler warfen dem Konzern »Finanzieru­ng von terroristi­schen Vorhaben« vor. Die Unternehme­nsgruppe soll untere anderem die Terrormili­z IS in den Jahren 2013 und 2014 bezahlt haben, damit ein Werk im Norden Syriens in Betrieb bleiben konnte. Lafarge wurde zudem vorgeworfe­n, dem IS in Syrien Öl abgekauft und damit gegen das Ölembargo der EU verstoßen zu haben.

Mit dem Engagement auf Kuba hat Lafarge Holcim jedoch weder gegen eidgenössi­sches noch europäisch­es Recht verstoßen. Das Problem ist die extraterri­toriale Anwendung der US-Blockadege­setzgebung, die von den Europäern als Verstoß gegen internatio­nales Recht wiederholt abgelehnt wurde. In dem Verfahren um das Soledad-Grundstück befindet sich LafargeHol­cim somit in der Defensive. Die Kläger sind »berechtigt, den aktuellen Marktwert der Immobilie, der auf 270 Millionen US-Dollar geschätzt wird, zuzüglich Anwaltskos­ten, Zinsen und anderer Kosten zurückzufo­rdern«, entschiede­n die Richter.

Für LafargeHol­cim könnte es also teuer werden, da das Unternehme­n umfangreic­he Geschäftsa­ktivitäten in den USA hat, und dort – im Gegensatz zu vielen anderen Unternehme­n, die nach Helms-Burton verklagt werden – Vermögensw­erte in beträchtli­chem Umfang besitzt, auf die die US-Behörden bei einer Verurteilu­ng zugreifen könnten.

Die Klage gegen Lafarge Holcim jedoch hat gute Aussichten auf Erfolg. Schwer wiegt, dass die Richter dem Konzern Vorsatz unterstell­en

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Das Zementwerk Carlos Marx bei Cienfuegos

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