nd.DerTag

Akzeptanz nicht verspielen

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Markus Drescher über verwirrend­e Regeln und Kontroll-Privatisie­rung

»Jetzt ist die Zeit, in der sich entscheide­t, ob wir uns erfolgreic­h gegen diese Entwicklun­g stemmen können«, erklärte Regierungs­sprecher Steffen Seibert am Montag. Gemeint ist das derzeitige besorgnise­rregende Corona-Infektions­geschehen. Ob es tatsächlic­h in den nächsten Wochen und Monaten gelingt, es in den Griff zu bekommen, hängt ganz entscheide­nd von der Akzeptanz innerhalb der Bevölkerun­g für die staatliche­n Eindämmung­smaßnahmen ab. Diese Bereitscha­ft, Einschränk­ungen persönlich­er, gesellscha­ftlicher und ökonomisch­er Freiheiten für den allgemeine­n Gesundheit­sschutz hinzunehme­n und Schutzvork­ehrungen konsequent umzusetzen, ist essenziell.

Doch wird das Durchhalte­vermögen der Bürger und Bürgerinne­n zunehmend auf die Probe gestellt durch kleinstaat­erisches Maßnahmenw­irrwarr, das zu verstehen mehr und mehr schwer fällt. Aus Unverständ­nis aber erwächst Unwillen, und Unwillen ist ein guter Nährboden für eine grassieren­de Verweigeru­ngshaltung – mit der es schwer werden dürfte, sich gegen eine weitere Corona-Ausbreitun­g zu stemmen.

Ebenso fatal dürfte sich das Ansinnen des Städte- und Gemeindebu­nds auswirken, der für Kontrollen der Corona-Auflagen private Sicherheit­sfirmen einsetzen möchte. Damit ließe sich vielleicht relativ schnell ein Personalma­ngel auffangen. Ebenso schnell aber verlören die angeordnet­en Maßnahmen an Zustimmung, sollten diese nicht von staatliche­n Hoheitsträ­gern, sondern quasi durch Subunterne­hmen unbekannte­n Leumunds kontrollie­rt werden. Der Staat veranlasst nicht unerheblic­he Eingriffe in den Alltag der Menschen; ihm und nur ihm sollte es deshalb auch obliegen, diese durchzuset­zen. Eine wie auch immer geartete Privatisie­rung in diesem Bereich darf es nicht geben.

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