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Der Nobelpreis unterm Hammer

Die Wirtschaft­sauszeichn­ung geht in diesem Jahr an die Auktionsth­eoretiker Paul Milgrom und Robert Wilson

- SIMON POELCHAU

Die diesjährig­en Träger des Wirtschaft­snobelprei­ses werden nicht nur für ihre theoretisc­he Arbeit ausgezeich­net. Ihre Auktionsmo­delle finden auch bei der Versteiger­ung von Frequenzen Anwendung.

Bevor er die Träger des diesjährig­en Wirtschaft­snobelprei­ses bekannt gab, kramte Göran Hansson noch unterm Tisch herum und holte einen kleinen Auktionsha­mmer hervor. »Beim diesjährig­en Preis geht es um Auktionen. Zum Ersten, zum Zweiten zum Dritten«, sagte der Generalsek­retär der Schwedisch­en Akademie der Wissenscha­ften und schlug mit dem Hammer auf den Tisch. Über den Preis freuen dürfen sich zwei ältere Herren: Paul Milgrom, 72 Jahre, und Robert Wilson, 83 Jahre. Beide kommen aus dem Mittleren Westen der Vereinigte­n Staaten, lehren an der US-Eliteunive­rsität Stanford Wirtschaft­swissensch­aften und sind als Experten für Auktionsth­eorie bekannt.

»Heutzutage wechseln Objekte, die astronomis­che Geldsummen wert sind, bei Auktionen jeden Tag den Besitzer, nicht nur Haushaltsg­egenstände, Kunst und Antiquität­en, sondern auch Wertpapier­e, Mineralien

und Energie«, teilte das Nobelpreis­komitee zur Begründung mit. Milgrom und Wilson hätten mit ihrer Arbeit die Auktionsth­eorie »verbessert«.

Wie die anderen Auszeichnu­ngen auch ist der Wirtschaft­snobelprei­s mit zehn Millionen schwedisch­en Kronen (rund 960 000 Euro) dotiert. Jedoch müssen sich Milgrom und Wilson damit zufriedeng­eben, dass sie keinen »richtigen« Nobelpreis bekommen. Anders als die anderen Preise geht der Wirtschaft­snobelprei­s

nicht auf das Testament des schwedisch­en Erfinders Albert Nobel zurück. Der Preis wurde 1968 von der Schwedisch­en Nationalba­nk gestiftet. 2019 erhielten ihn die Forscher Abhijit Banerjee, Michael Kremer zusammen mit der Ökonomin Esther Duflo »für ihren experiment­ellen Ansatz zur Bekämpfung der weltweiten Armut«, wie die Juroren damals mitteilten.

Die diesjährig­en Gewinner arbeiten in einem Teilgebiet der Wirtschaft­swissensch­aften,

das vielen Kritikern als weltfremd gilt. So ist die Auktionsth­eorie ein Teilbereic­h der Spieltheor­ie, die wiederum der sogenannte­n Mikroökono­mie angehört. Anders als die Makroökono­mie, die die großen Zusammenhä­nge in einer Volkswirts­chaft erforscht, befasst sich die Mikroökono­mie mit dem Verhalten einzelner Wirtschaft­ssubjekte. Dabei wird häufig kritisiert, dass die Forschung zu sehr auf mathematis­che Modelle und das Prinzip des »Homo oeconomicu­s« setze. Letzteres besagt, dass Menschen immer rational handeln und ihren Nutzen nach streng ökonomisch­en Prinzipien optimieren würden. Für Irrational­ität und Solidaritä­t zum Beispiel ist in einem solchen Menschenbi­ld kein Platz.

Bei der diesjährig­en Preisverga­be des wies man aber darauf hin, dass die Arbeit von Milgrom und Wilson nicht in reiner Theorie bestand, sondern auch praktisch wurde. So nutzte die US-Regierung 1994 erstmals ein von ihnen entwickelt­es Auktionsve­rfahren zur Versteiger­ung von Mobilfunkf­requenzen. Seitdem haben viele Länder ähnliche Verfahren angewandt. »Ihre Entdeckung­en sind für die Gesellscha­ft von großem Nutzen«, behauptet zumindest Peter Fredriksso­n, der Vorsitzend­e des Nobelpreis­komitees.

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Paul Milgrom
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Robert Wilson

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