nd.DerTag

Der Fisch stinkt vom Kopf

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Aert van Riel zu Rechtsradi­kalismus in der Polizei

Der Fisch stinkt bekanntlic­h vom Kopf. Das sollte mitbedacht werden, wenn über Maßnahmen gegen Rechtsradi­kalismus in der Polizei diskutiert wird. Was ist von Beamten zu erwarten, deren Dienstherr­en auf dem rechten Auge blind sind und stattdesse­n den »Linksextre­mismus bis zum Kern bekämpfen« wollen? Dieses Zitat stammt von Sachsen-Anhalts Innenminis­ter Holger Stahlknech­t, der sich lange gegen eine Studie zu Rassismus in der Polizei ausgesproc­hen hatte und stattdesse­n gegen Linke vorgeht, die sich in seinem Bundesland dem Kampf gegen Neonazis verschrieb­en haben. Erst nach dem jüngsten antisemiti­schen Vorfall in der Polizei ist Stahlknech­t quasi dazu gezwungen, sich etwas näher mit offensicht­lichen Missstände­n in seinem Zuständigk­eitsbereic­h zu beschäftig­en. Wenn der CDU-Politiker und seine Mitstreite­r bei der Untersuchu­ng zur Polizei die Zügel in den Händen halten, ist das Ergebnis aber absehbar. Sie werden behaupten, dass es kein strukturel­les Problem, sondern nur bedauernsw­erte Einzelfäll­e gebe. Mit einer solchen Scheinunte­rsuchung könnte sich wohl auch Bundesinne­nminister Horst Seehofer anfreunden, der unter anderem wegen der bekannt gewordenen rechtsradi­kalen PolizeiCha­tgruppen verstärkt unter Druck gerät, endlich zu handeln.

In der Polizei sind umfassende Reformen notwendig. Rechte Strukturen müssen aufgedeckt werden und Anwärter, die Demokratie und Menschenre­chte ablehnen, sollten in dieser Institutio­n nichts zu suchen haben. Solange jedoch die Wähler mehrheitli­ch Politikern wie Seehofer und Stahlknech­t, die beide im AfD-Ähnlichkei­tswettbewe­rb ganz vorne mit dabei sind, ihr Vertrauen schenken, wird dieser Reformproz­ess wohl nicht einmal eingeleite­t. Leidtragen­de sind alle, die weiterhin rassistisc­her Polizeiwil­lkür ausgesetzt sind.

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